Premiere des neuen Highlights in der jungen Chiemgauer Kulturszene
Unbestritten ein Highlight: Die Hamlet-Darstellung von Max Berger, Svetlana Teterja-Pater, Patrick Brenner |
Traunstein ist eine uralte Kulturstadt, der Großteil dieser
Kultur hat allerdings, darauf ist die Stadt so stolz, dass sie auf Kreisverkehren darauf hinweist, mit Bier zu tun. Natürlich hat die Bierstadt Traunstein auch
eine Kulturszene. Die allerdings – zumindest im Altersschnitt – mittlerweile
etwas in die Jahre gekommen ist. Die Nachricht von der Gründung eines jungen, ambitionierten
Theaters im alten Vereinshaus in der Unterstadt, schlug in eben dieser Szene
sowie der Politik ein wie eine Bombe. Es ist eine bescheidene Untertreibung
wenn man andeutet, dass der Theaterenthusiast und Schauspieler Maximilian
Berger auf etwas Gegenwind gestoßen ist bis zur tatsächlichen Premiere des
neuen Chiemgau Theaters am Freitag, den 13.11.2015, ein Datum, das man sich
merken wird.
Wer diese Vorgeschichten kennt, wundert sich auch nicht,
dass dem Schauspieler, als er kurz nach 19:00 Uhr unter nicht aufzuhören
wollenden Applaus kurz aus seiner professionellen Rolle fiel und emotional
wurde als er, trotz aller Widrigkeiten und unfassbarem Organisationsstress das
Chiemgau Theater für eröffnet erklärte. Wie bedeutend dieser Abend auch in der
Stadtgeschichte sein könnte, erahnten wohl vor allem die älteren Theatergäste,
die sich noch erinnerten, welch rauschende Feste in diesem Saal einst gefeiert
wurden und wie geschichtsträchtig es ist, dass der Theaterverein diesem
historischen Gebäude wieder Traunsteiner Kulturleben einhauchte.
Und was für ein Leben: Shakespeares sämtliche Werke – leicht
gekürzt – stand auf dem Programm und viele waren gespannt, wie dieser nicht
unbescheidene Titel wohl umgesetzt wird. Denn, einerseits hatte sich der Verein
auf die Fahne geschrieben, Theater auf hohem Niveau zu spielen. Gleichzeitig
möchte das Publikum aber auch unterhalten und nicht mit Avantgarder Nackt und
Kotz-Kunst verschreckt werden. Und zum Dritten waren viele zunächst neugierig,
wer dieser Kulturrebell Max Berger und seine Schauspieltruppe eigentlich ist.
Vor diesem Hintergrund wurde die Aufgabe fast kongenial gelöst:
Man inszenierte Auszüge der Schlüsselszenen aus Romeo und
Julia oder Hamlet, teils intensiv und eindringlich gespielt und gleichzeitig
ein Spiel mit doppeltem Boden: Max Berger, Svetlana Teterja-Pater und Patrick
Brenner spielten nicht nur sämtliche Rollen in den Shakespeare Klassikern,
sondern auch sich selbst. Augenzwinkernd, teils zotig, nicht selten das
Publikum einbeziehend, stellten sie drei Schauspieler dar, die sich teils
intellektuell, teils naiv, immer humorvoll, mit Shakespeare auseinandersetzen
und gegenseitig zusetzen.
Das altehrwürdige Vereinshaus |
Dass es beim altehrwürdigen Shakespeare teils arg lustig zuging,
irritierte den einen oder anderen bajuwarerischen Besucher. Ein Thomas Bernhard
hätte sich ins Fäustchen gelacht, wie gut Theater bis heute funktioniert.
Spätestens nach der Schlussszene, als die Drei den „Hamlet“ in
erst ausgewählten Szenen spielten, gefolgt von einer ersten Kurzfassung und
einer zweiten, keine Minute dauernd, die das Stück augenzwinkernd auf den Punkt
brachte, wurden die Schauspieler euphorisch mit Zwischenapplaus gefeiert. Und
als wüssten die Dramaturgieprofis, dass man einem Höhepunkt idealerweise noch
einen weiteren draufsetzt, spielten sie die Hamlet – Kurzfassung schließlich
zur Begeisterung des Publikums rückwärts. Ein fast atemberaubender
Schlusspunkt, der erahnen ließ, was Max Berger & Co. trotz weniger Proben
und viel Bürokratie, zu inszenieren und darzustellen imstande sind. Nein, nicht
alles lief rund, aber die Begeisterung beim Schlussapplaus war auch nicht die
eines Champagnerpublikums, dass ich auf den Premierensekt freut, sondern kam
von Herzen.
Dass den Theaterrebellen so viel Steine in den Weg gelegt
wurden, sollte als Ritterschlag zu sehen sein. Man erinnert sich an die
scharfen Worte mit denen Thomas Bernhard und selbst Ludwig Thoma das
spiesbürgerliche damalige Traunstein bedacht hat. Die Stadt hatte lange
gebraucht, bis eine Generation kam, die die Bedeutung Thomas Bernhards verstand.
Jetzt ist die nächste Generation dran, frischen Wind in die Kulturszene der
Bierstadt zu bringen. Zu wünschen ist trotzdem, dass es so kommt, wie es sich
Max Berger gewünscht hat: Dass die Traunsteiner Theaterszene sich nichts
gegenseitig wegnimmt, sondern gemeinsam die Region bereichert.
Link zum Chiemgau Theater: http://www.chiemgautheater.de/
Mehr zur Chiemgauer Popkultur: http://www.chiemgauseiten.de/chiemgauer-popkultur-1/
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