Montag, 28. Dezember 2015

Harrison Ford, mein Papa und das Erwachen der Macht

Wir wussten nichts von Star Wars. Als Kinder der bayerischen AchtzigerJahre ohne Kabelfernsehen hatten wir zwar von einem Skywalker und einem Krieg der Sterne gehört. Aber da mein Papa meinte, fünf Fernsehsender seien völlig genug und auch in der Grundschule kein einziger Krieg der Sterne gesehen hatte, gab es nicht mehr als nebulöse Legenden, dass Star Wars noch "kuhler" als Raumschiff Enterprise sei.
Anfang der Neunziger begann auch in unserem Dorf die Moderne und wir bekamen einen Videorecorder. Innerhalb weniger Monate überspielte mir mein Cousin aus der Stadt sämtliche Indiana Jones Teile und... Star Wars. Es war Weihnachten, als ich die Episode 4 ein erstes Mal anschaute. Und da war er. Der Typ mit der schwarzen Maske, der so komisch schnaufte, der Todesstern, der brüllende Yeti! Und das Leben war plötzlich auf wundersame Art und Weise magisch. 
Noch magischer war, dass auch dieser Indiana Jones in Star Wars mitspielte. Und am aller fantastischten war, dass dieser Harrison Ford meinem Papa erst ein wenig, in den folgenden Filmen mit zunehmend grauem Haar meinem Vater immer mehr ähnlich schaute. Vielleicht war es ein Skywalkeresquer Vaterkomplex der schuld war, dass ich ein fanatischer Harrison Ford Fan wurde. So fanatisch, dass ich sogar "Mosquito Coast" super fand und mir American Graffiti zigfach anschaute. 
Selbst meinen Vater überzeugte ich, dass Harrison Ford der beste Schauspieler der Welt und auch noch ein guter Mensch sei. Und auch wenn Papa weder mit Han Solo, noch mit Indiana Jones etwas anfangen konnte, sah er sich zumindest die ernsteren Filme wie "Regarding Henry" oder "Der einzige Zeuge" ganz gerne an. 
Mein Papa und Harrison Ford sind gemeinsam alt geworden. Mein Papa ist vor vier Jahren gestorben. 
Gestern sitze ich im Kino beim "Erwachen der Macht". Sofort muss ich an meinen Papa denken, als plötzlich Harrison Ford, inzwischen 72 Jahre und in Würde gealtert, auf der Leinwand auftaucht.
Ich bin sofort wieder der Teenager, der den Millenium Falken fliegen will und es ein bisschen cool findet, dass sein Papa vielleicht einmal wie Han Solo gewesen ist, als er noch jung war.
Und unweigerlich kommt dieser Moment, an dem mir die Rührung in die Augen schießt beim Gedanken daran, wie schön es doch ist, dass wenigstens Harrison Ford noch lebt...

(Wer den Film noch sehen will, sollte nun nicht mehr weiterlesen)

Natürlich ist jemand, der inzwischen 6 Star Wars Filme auf Deutsch und Englisch im Kino gesehen hat, nicht überrascht, dass dieser neue böse Maskentyp, Kylo Ren, von irgendwem der Helden Vater oder Sohn oder wenigstens Cousin zweiten Grades ist. Diesmal also der Sohn von Han Solo. Da auch ich mich ja gewissermaßen wie Harrison Fords Sohn fühle, könnte er quasi mein Bruder sein, fantasiere ich noch. Und was macht das Bruderherz, kurz nachdem ich mich so gefreut habe, dass ich meinen Stellvertretervater wenigstens noch mindestens zwei Teile lang im Kino sehen darf? Haut ihm ein Lichtschwert in den Bauch! Was für ein Arschloch!
Und ein erstes Mal sitze ich mit weit aufgerissenem Mund und feucht werdenden Augen im Kino und starre fassungslos auf die Leinwand. Vielleicht ist es ja nur eine Fleischwunde, denke ich. Ein Han Solo hält das aus. Dann wird Han Solo in die Tiefe geschmissen. Verdammt. Aber das kann man ja auch überleben, oder? Verdammte Scheisse. 
Erst nach und nach kann ich mich beruhigen. Bin auch nicht versöhnt, als die dunkle Seite schließlich ihren dritten Todesstern verschlissen hat. Was das den Sith nur wieder gekostet hat. Schad ums Ged. 
Ich bin immer noch fassungslos über Han Solos Tod und sage mir immer wieder, dass Harrison Ford ja noch lebt. Es ist nur ein Film. Es stand halt einfach im Drehbuch. Er kann immer noch als Geist in Star Wars 8 auftreten. 
Oder in Indiana Jones 5. 
Oder wenigstens in Air Force One 2!

Mehr vom Harrison Ford-Fan gibt es hier zu lesen: www.bernhardstrasser.de

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