Sonntag, 12. Oktober 2014

Bilder deiner großen Liebe - von dem "Tschick" - Typen

Alle werden „Bilder deiner großen Liebe“ super finden. 
Alle werden sich vor Begeisterung einkacken und jubeln, weil Wolfgang Herrndorf der Allergrößte war und weil er lange sträflich unterschätzt war, aber jetzt ist er ja tot und da kann man schon mal ausflippen, dass er die Stimme, ach was, der Kopf seiner ganzen Schriftstellergeneration war. Und alle werden sie Recht haben, weil Tschick ja schon so ein supadupa abgefahren geiles Teil war, Millionen Leser können ja nicht irren. Und jetzt auch noch "Bilder deiner großen Liebe". Sehr geil, werden sie sagen. Bisschen abgefahren, aber der Herrndorf ist ja nicht fertig geworden damit und, ja genau, noch das mit der Birne, der hat sie ja selber nicht mehr alle beisammen gehabt am Schluss. Man weiß ja. Aber wenn dann endlich Tschick und der Blonde, also die titelgebende große Liebe halt, auftauchen, wird man für manches entschädigt. Ja, das werden sie schreiben und alle werden sich auf die Schulter klopfen, dass sie dieses schräge Büchlein sowas von scheißmichtot obergenial halten werden. 
Ich werde nicht dazu gehören. Ich hab die Kerzen ausgeblasen und das Ding in den Fluss gekickt. Wer hält sowas denn nur aus? Lustig sei es, haben sie geschrieben. Ich hab Rotz und Wasser geheult und konnte keine drei Seiten am Stück lesen. Und nicht, weil‘s so verspult war, wie die Kritiker Sand gerne gehabt hätten
Jedes Mal, wenn wieder so ein Typ in grünem Trainingsanzug aufgetaucht ist, oder wenn ich gelesen hab, wie magische Formeln in Maik Klingenbergs Kopf geflüstert wurden, hat es mir komplett den Stecker gezogen. Was soll der Irrsinn? Wer liest sowas? Und vor allem: Wer schreibt sowas?
Kanakenfreunde? Debilos? Insassen? Dr. Gelberbloom?
Und wer ist der Scheiß Kumpel Robert aus Camden?
Nein, das hält man im Kopf nicht aus. Weiß auch nicht, warum ich da so reagier. Ich tu es trotzdem: Gib ihm generös gerade mal noch drei von fünf, aber nur wegen Globoliblastombonus und so. Weiß doch jeder, dass der das Buch nur deshalb so schnell hingerotzt hat, um nach Tschick nochmal fett Kohle zu machen. Da empfehle ich, lieber mein Tagebuch zu lesen. Aber das liegt ja in Leos Zedernschatulle und ist nur für mich bestimmt.
Ich habe mit offenem Mund zu schreiben begonnen und meinen Gedanken zugeschaut, bis sie immer kleiner und kleiner, fast unsichtbar werden in tiefdunkler blauer Tinte, bevor sie sich aus dem Verschwundensein wieder materialisieren, indem ich sie gleich langsam nachlesen werde, Wort für Wort für Wort.

Isa.

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