Mittwoch, 31. Dezember 2014

Wie ich meine Wohnung verkaufen wollte und (als Autor) reich und berühmt wurde

Neue Strategien für Self Publishing Autoren



http://www.chiemgauseiten.de/traunstein/immobilien/
Meine superschöne Dachgeschosswohnung im idyllischen Ettendorf steht zum Verkauf. Um zu beweisen, dass man auch ohne Makler eine Wohnung schnell verkaufen kann, bat ich meine Facebook Freunde, den Link auf das Verkaufsangebot auf meiner Homepage zu teilen. 
Erwartet habe ich mir nicht viel davon. Schon öfter rief ich dazu auf, meine hochkulturellen Beiträge und vor allem, mein Buch auf Facebook zu teilen. Aber der Roman und meine Homepage, die Chiemgauseiten, dümpeln seit Monaten unbemerkt vor sich hin und sehr, sehr selten wird auf Facebook mal was geteilt.
Hundert Klicks habe ich mir erwartet.
Aber irgendwas ist diesmal anders. Die hundert Klicks sind nach wenigen Minuten erreicht.
Das Internet dreht vollkommen durch. Über zwanzig Freunde teilen meinen Aufruf. Halb Bayern klickt auf meine Anzeige und schaut sozusagen bei mir zu Hause im Wohnzimmer vorbei. Über tausend Leute sind ganz wild darauf, meine Wohnung, zwar nicht zu kaufen, aber wenigstens mal hinein zu spähen, wie der Typ so wohnt...
Nur kurz bin ich enttäuscht, dass kein ernsthafter Interessent dabei ist. Dann begreife ich, dass ich das genialste Marketinginstrument aller Zeiten entdeckt habe: Die ersten fangen nämlich an, auch den Rest der Chiemgauseiten anzuschauen. Aha, ein Elterntagebuch. Das ist ja lustig! Die Geschichte des SV Kirchanschöring - wie interessant! Oh, einen Roman hat er auch geschrieben, die Kleinstadtrebellen. Den kauf ich mir dann mal gleich. Und vom Schreiben kann man sich so eine geile Wohnung leisten?
Ich beschließe, zukünftig immer Immobilieninserate aufzugeben, wenn ich Menschen auf meine Homepage locken will: Alle Welt stürzt sich auf Immobilie, klar, die nächste Eurokrise naht und Geld ist billig wie nie. Wenn auch nur jeder Zehnte auf den Rest meiner Homepage klickt, bin ich berühmt!
Ich werde Tausende Bücher verkaufen und allein von den Werbeeinnahmen meiner Homepage leben können! Die Menschen werden über Immoscout24 auf meine Chiemgauseiten gelockt und werden ganz verliebt in meine Texte sein! Und ein Verlag wird mir so viel Kohle anbieten, dass ich die Wohnung gar nicht mehr verkaufen brauche, sondern an reiche Sommerfrischler vermiete! 
Und während ich noch so vor mich hin träume, blinkt mein Posteingang: Die Lösung aller Probleme hat mir eine Email geschrieben! Kapitän Julius Gage ist über Immoscout auf mich aufmerksam geworden. Er schreibt mir, dass er mit den Nato-Truppen im Irak und in Kabul gegen den Terrorismus gekämpft hat. In Kabul hat er Geld im Wert von 10,2 Millionen Dollar erbeutet, das er nun irgendwie wiederzubeschaffen versucht. Dazu braucht er allerdings Hilfe. Wenn ich ihn finanziell unterstütze, bekomme ich sagenhafte 20% seiner Kriegsbeute. Wow, das sind ja über 2 Millionen Dollar! Ich schreibe Kapitän Julius Gage sofort eine Mail und schicke ihm meine Kontodaten und hoffe, dass ich die zwei Millionen bald überwiesen bekomme. Was bin ich doch für ein Glückspilz! Und alles nur, weil ich gerade meine Wohnung verkaufe…

Montag, 15. Dezember 2014

Lesen ist nicht gleich Lesen: Plädoyer für Slow Food Literatur

Lesen ist nicht gleich Lesen

Shelfie eines Slow Food Literatur Liebhabers
Lesen ist nicht gleich Lesen und Bücher sind nicht gleich Bücher. Mit dem Prinzip des Lesens und der Zukunft der Bücher befasste sich letztens ein Artikel im Spiegel. 
Einige der Informationen zum Lesen sind es wert, sich weitere Gedanken zu machen. 
Junge Menschen lesen heute so viel wie nie zuvor, so eine Aussage des Artikels. Jeder Buchhändler wird sich diesbezüglich am Kopf kratzen. Des Rätsels Lösung: Die Texte, die die Jugendlichen lesen, befinden sich fast ausschließlich auf Bildschirmen. So wie auch dieser hier. Whatsapp- Mitteilungen, Mails, SMS, Facebook- Posts, Blog- Beiträge und Nachrichten. Ständig, eigentlich den ganzen Tag wird heutzutage gelesen. Aber ist dieses Lesen eigentlich lesen, oder nicht einfach ungesundes konsumieren?
Da diese zu konsumierenden Texte kurz sein müssen und nicht anstrengen dürfen, muss ich mich an dieser Stelle leider vom jungen Durchschnittsleser verabschieden. Wenn er überhaupt so weit gekommen ist. 
Wenn Du an dieser Stelle noch dabei bist, gehörst Du wohl zum "Anstrengungsleser", also zu den Lesern, die nicht nur zur Zerstreuung und zur raschen Information lesen, sondern die sich mit Texten auseinandersetzen, den Horizont erweitern wollen, die Texte in die Tiefe lesen. 
Wie langweilig!
In der Zukunft, so der Artikel, werden nur noch einfach zu konsumierende Texte mit kurzen Sätzen und schlichtem, gemeinverständlichem Inhalt gelesen. So, was ist jetzt langweiliger?
Geht man in die Leseforen, findet man dort Hunderte "Buchjunkies" und "Büchersüchtige". Sie alle lesen Bücher. Eigentlich eine positive Botschaft. 
Sieht man genauer hin, verschlingen diese Junkies Bücher wie Junkfood. Sie konsumieren Bücher, die gemeinsam haben: Sie sind spannend, unterhaltsam und man kann sie verschlingen, ohne nachdenken zu müssen. Sie haben, um beim Junkfood zu bleiben, keinen Nährwert. 

Lest mehr Slow Food Literatur!


Die Vielleserei ist für Leseanfänger ein Segen. Für fortgeschrittene, ältere Leser, die nie die Freude erlernen, sich auch in tiefe Literatur hineinzudenken, baut sich eine Barriere auf, die ihren Horizont von einer bereichernden anderen Welt abschneidet. 
Die Lesesüchtigen fühlen sich als Leser, haben aber in vielen Fällen noch nie ein Buch im eigentlichen Sinne gelesen. Ausnahme natürlich die Schullektüre, die viele  Schüler, da nehme ich mich nicht aus, prinzipiell anstrengend und sowieso doof finden. 
Dies ist ein Aufruf zum "Slow Food Lesen"!
Lest Bücher, die Euch zu Gedanken gelangen lassen, die autonom, transformativ und letztendlich unabhängig vom gelesenen Buch sind. Lest Bücher, die Euch zwingen, Fremdwörterbücher und Wikipedia aufzuschlagen!
Lest Bücher, die anstrengend sind! Wer zu viel Fastfood konsumiert, muss seinen Körper trainieren, um gesund zu bleiben. Genau so ist es mit dem Kopf!
Es muss ja nicht gleich Tolstoi oder Sartre sein. Wie wärs für den Anfang mal mit "Tschick" oder "Das Schicksal ist ein mieser Verräter": Ihr werdet überrascht sein, wie tief diese Bücher sind, wenn man sie aufmerksam liest!

Mehr zum Thema Lesen:

Welche Bücher mich am meisten beeinflusst haben: Hier klicken
Mehr Literatur auf bernhardstrasser.de

Sonntag, 7. Dezember 2014

Die Anfänge des Im Grünen Festivals Kirchanschöring

Wie das Festival "Im Grünen" in Kirchanschöring entstand


Die Plakate zur Premiere 2005
Das Im Grünen Festival in Kirchanschöring ist heute eines der größten von jungen Idealisten organisierten Festivals in Südostbayern. Einmal im Jahr fallen tausende Festivalgäste in das kleine Dorf ein und stellen das Dorfleben der Gemeinde völlig auf den Kopf. La Brass Banda spielte hier eines der ersten Konzerte und blieb lange eng mit dem Im Grünen Team verbunden. FM4 Größen von Petsch Moser über Russkaja bis hin zu den Sternen, sie haben alle in Kirchanschöring gespielt. Was heute ein routiniert durchorganisiertes Festival ist, begann als Projekt einer Jugendgruppe. Ein nostalgischer Blick zurück:


Alles begann mit dem "Carei"



Vor dem Carei war die (Kirch)Anschöringer Jugend wie im Rest von Bayern in der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB) organisiert. Allerdings gab es in Anschöring noch immer jede Menge völlig unorganisierter Jugendlicher, die sich weigerten, sich organisieren zu lassen und höchstens Teil einer Jugendbewegung sein wollten. Da diese Jungs und Mädchen die meiste Zeit vorm Schulgebäude chillten, wovon der Gemeinderat nicht restlos begeistert war, stellte man ihnen einen Jugendpfleger zur Verfügung. Dieser Jugendpfleger war Günter Wimmer. Der war Im Chiemgau und Umgebung als Fußballer und als Musiker mit seinen Bands "Die Springer" und der " Guten A-Band" bekannt und der wilde Haufen ließ sich ausnahmsweise halbwegs doch noch organisieren.

Der Gruppe wurde ein leer stehendes Gebäude in Kirchanschöring zur Verfügung gestellt, in dem sie sich regelmäßig treffen konnten: Das baufällige Caritas - Haus. 
Alle, die im Caritas - Haus aus und ein gingen, gehörten fortan zum "Carei".

Das Festival Im Grünen

Das südöstliche Oberbayern war schon immer eine Hochburg, was Maschinenhüttlfestl mit Rüscherl und Bryan Adams anging. So mancher Bauer, der in seiner Scheune einen der Landdiscothek DJs auflegen ließ, lockte tausende aus der Landjugend an wie die Motten das Licht. Aber statt Bon Jovi und Scooter stand das Carei auf Tocotronic und Franz Ferdinand. Und das Carei wurden immer mehr. Also stellten sie kurzerhand eine "Alternative Party" auf die Beine und punkteten auf den Plakaten mit dem Versprechen: "Garantiert ohne Spitz Audio!" 
Die ersten Schritte in Richtung Organisation von Großveranstaltungen war getan. Wenn man eine Party veranstalten kann, warum nicht gleich ein Festival? Dachte man sich und innerhalb von sechs Wochen stampfte man im Jahr 2005 ein kleines, aber feines Festival im Anschöringer Achenpark aus dem Boden.
Die Idee zum Festivalnamen hatte der Legende nach der Maggei vom Im Grünen Team beim Dorfwirt, dem Felber. Ein Geistesblitz, da kein anderer Name das Festival besser hätte beschreiben können.
Ab dem ersten Jahr wird das Festival allein vom Jugendtreff, also von damals 15, 16 jährigen Jungs und Mädels organisiert. Zurückgreifen können sie auf das Know How von Jugendpfleger Günter Wimmer, der sich später selbst mit einer Event Agentur selbständig macht. Fast zehn Jahre später sind die meisten vom Gründungsteam noch mit dabei. Sie sind mit dem Festival erwachsen geworden. Unterstützt werden sie ihrerseits von den kirchanschöringer Jugendlichen.
Erster Headliner war 2005 Bradleys H
Bekannt wird das Festival, auch unter den Bands, aufgrund seiner einmaligen Atmosphäre.
Es geht locker und lässig zu. Die Organisatoren sind meist Teenager, dennoch funktionierte die Organisation stets reibungslos. Legendär sind heute die Geschichten, dass die Bands von den Kilians bis zum Keller Steff „backstage“ bei Yvos Oma in der Stube sitzen und für sie Gitarre spielen. Oder wie sich Petsch Moser weigern, ins Hotel gebracht zu werden und stattdessen beim Aufräumen mithelfen. 
2005 kommen bereits 1100 Besucher. Headliner ist mit Bradleys H eine lokale Band. Drei Jahre später wird bereits die 3000er Marke geknackt und das Team beschließt, die Gästezahl zu begrenzen, um das Dorf nicht zu überfordern. Man setzt auf Qualität statt auf Quantität. Bald wird das zehnjährige Jubiläum gefeiert. Man darf gespannt sein, welche Bands diesmal nach Kirchanschöring gelockt werden.

Mehr über Anschöringer Popkultur gibts auf www.chiemgauseiten.de
Mehr Anschöringer Geschichten hier: https://www.chiemgauseiten.de/anschoeringer-geschichten/



Freitag, 14. November 2014

Die Männeryoga-Gruppe: Kerle auf dem Weg zur Erleuchtung

Ja sind wir denn völlig irre, werden wir von allen Seiten gefragt. Yoga? So richtiges Yoga? Nein, nein, haben wir geantwortet. Natürlich kein richtiges Yoga! Yoga ohne den Esoterikscheiß. Männeryoga halt! So hat es uns Christian versprochen. 
In der Theorie haben wir uns das so vorgestellt: Wir Jungs machen gemeinsam ein bisschen Gymnastik für den Rücken, von mir aus noch kurz ein Räucherstäbchen angezündet und danach schnell zum Wirt. Und unsere Frauen sind sowas von stolz auf uns, weil ihre gestandenen Burschen "Yoga" machen. Haha, die haben ja keine Ahnung von richtigem Männeryoga. Ja, so ungefähr haben wir uns das ausgemalt. Die alte Yogatante vom Prospekt macht den Kleinen Fisch, den Lustigen Kriecher oder den Sonnentanz, oder was auch immer vor, und wir machen es nach. Möglichst schnell, möglichst effizient, der Männeryogastammtisch wartet. 
Und jetzt sitzen wir da, 13 Männer, kleinlaut und verschüchtert wie Mäuschen, während die junge Yogalehrerin, die alte ist scheinbar verhindert, erklärt, dass Yoga kein Sport ist. Sie fragt uns, was wir uns vom Yoga erwarten. Jeder antwortet ernst, leise, richtig ehrfürchtig gegenüber der jungen Yogafrau etwas von „Rücken" oder "Ausgleich zur Büroarbeit“. Ich sage „Meditation" und meine eigentlich „Wirtshaus“. Sie faselt etwas vom „zu sich selbst kommen“ und, dass es beim Yoga nicht um Konkurrenzkampf geht. Wir grinsen. Wir wissen genau, dass trotzdem jeder von uns alles geben wird, der beste in der Männeryogagruppe zu sein. 
Noch immer geht uns die Düse. Wir waren schon vor Beginn der Stunde fix und fertig. Unsere Fahrgemeinschaft war spät dran, weil jeder quasi vom Büro weg abgeholt wurde. Dann hetzten wir Richtung Osterloh. Wo auch immer das ist. Wir kreuzten durch die Wallachau des bayerischen Voralpengebiets, wo die Orte noch Vordereck, Hintereck und Mitteleck heißen. 
Hektisch wurden die anderen Männer antelefoniert: Wo ist dieses Scheiß Osterloh? Wo sind wir? Schalt doch das Navi ein! Navi: "Bitte wenden sie!"
Völlig ausgepowert und gestresst kamen wir im Yogastadel Osterloh an. 
Nach einer Dreiviertelstunde Kennenlernrunde sind wir ansatzweise entspannt genug, dass wir fit für die Entspannungsübungen sind. 
Zuerst geht es in den Schneidersitz. Als ich vor Jahren an einem Schnupperyoga mitmachte, war ich der einzige, der den Schneidersitz nur unter Zuhilfenahme von nicht einem, sondern drei Kissen bewerkstelligen konnte. Alle schauen mich grinsend an. 
Ich resigniere. Der Schneidersitzguru werde ich auch in diesem Kurs nicht. Ich kniee mich auf ein riesiges Kissen. Das geht ganz gut. Erst nach zweieinhalb Minuten bekomme ich einen Krampf.
Endlich dürfen wir Gymnastik machen. Die Frau ruft Tiernamen und wir verrenken uns. Geil! So stellt man sich Männeryoga vor. Gerade, als wir ins Schwitzen kommen, müssen wir uns wieder in den Schneidersitz hocken: Wechselatmung üben. Sie macht eine Geste mit der Hand, die in Rapperkreisen als "East Side" und in Schreinerkreisen "Drei Bier bitte!" interpretiert werden könnte. (2 EUR in die Sparwitzkasse)
Wir müssen uns abwechselnd mit Daumen und Ringfinger die Nasenlöcher zuhalten. Wir schauen uns entsetzt an, machen aber genau das, was die Frau von uns will. 
Die fängt auf einmal an zu lachen. Kriegt sich gar nicht mehr ein. Kichert sich einen ab statt Wechselatmung. Jaja, wir wissen selber, dass das bescheuert ausschaut. Was lacht sie denn so? 
"Bitte die Finger nicht in die Nasenlöcher stecken!", sagt sie sanft. Dann machen wir die Atemübungen, unterbrochen nur vom Lachen der Yogalehrerin, deren Atem kurz in die Schnappatmung wechselt. Lachyoga, denke ich.
Zum Schluss nochmal Entspannung. Wir schließen die Augen. Sofort fängt einer an zu Schnarrchen. Scheiß Männeryoga. 
Ein Gong ertönt. Also doch Esoterikscheiß, frage ich mich, aber da ist es schon wieder vorbei. Das war's? War ja gar nicht so schwer. Wir fahren zum Wirt.

Sonntag, 9. November 2014

Als ich noch Computernerd war: Von C64 bis GTAV

Weihnachten '86: World Games auf dem C64
Ja, ich habe eine Computervergangenheit. Ich habe vom C64 über Amiga 500, N64 bis zur PlayStation sämtliche Systeme besessen und einen Teil meiner Jugend mit den heute als Klassiker geltenden klobigen Pixelspielen verbracht.
Dies ist die Lebensbeichte und der Lebenslauf eines ehemaligen Computernerds.

Der Commodere C64

Das Unheil begann an Heiligabend 1986. Das Christkind hat meinen älteren Cousins einen Commodore C64 gebracht. (Mir eine Pumuckl Uhr)
Anstatt Weihnachtslieder zu singen, starrten 6 Kinder mit viereckigen Augen gebannt auf Omas alten Farbfernseher und sahen zu, wie am Joystick gerüttelt wurde und ein pixeliges Männlein auf Schlittschuhen Anlauf nahm, über acht Fässer sprang und beim Landen ins Eis einbrach. Die Cousine fluchte und musste den Joystick abgeben. World Games hieß das Spiel, das uns diesen Heiligen Abend lang beschäftigte.
Meine Sommerurlaube verbrachte ich fortan nicht mehr bei meiner Tante, sondern beim C64.
Summer und Winter Games, Microprose Soccer und Spy vs. Spy hießen die Lieblingsspiele.
Als das Nachbarskind einen Amiga 500 zum "Arbeiten" bekam, musste ich nicht mehr bis nach München fahren, um spielen zu können.
Alle paar Wochen durften wir dort in Omas altem Schlafzimmer in Kirchanschöring eine Stunde spielen. Meistens Gianna Sisters oder Test Drive, Emeralds Mine, Double Dragon 4 und International Karate +. Dann wurden wir vom Hansi rausgeschmissen und stapften nach langen Protesten widerstrebend die Treppe wieder hinunter.
Irgendwann hatte meine Mama Erbarmen mit mir und kaufte mir einen völlig überteuerten Schneider CPC464. Auf einem Grünmonitor konnte ich die beliebten Spiele nun im eigenen Kinderzimmer spielen, wann immer ich wollte. Manche Spiele liefen über ein Kassettenlaufwerk und es dauerte mehrere Minuten, bis das Spiel geladen war. Andere Computernerds aus dem Dorf kamen vorbei und spielten in meinem Zimmer, egal ob ich da war, oder nicht.

Mehr als Retro: Schneider CPC 464

Irgendwann hatte ich vom Grünmonitor und vom Pfeifen des Cassettenlaufwerks genug und ich verkaufte den Schrott dem Hubert.
Der läutete eine Woche später, mit einem Bollerwagen und traurigem Gesicht, an meiner Haustür. Die Mama erlaubte ihm den Besitz des neumodischen Geräts nicht mehr. Ich gab ihm das Geld zurück und entdeckte auf einer Diskette eine Datenbank aller Kühe des Hofes samt Mädchennamen. Ich spendete den Schneider CPC nach Polen und bekam den uralten, aber im Vergleich zum CPC modernen C64 meiner Cousins geschenkt.
Es war 1993 und die waren längst einen Schritt weiter: Sie besaßen nun einen nagelneuen 386er PC mit 25 Mhz und einer 50 MB Festplatte.
In gestochen scharfer Farbe und in sensationeller VGA Grafik spielte ich mein erstes Adventure: Monkey Island. Ich war verzaubert. Ein Spiel wie ein Film. Noch nie hatte ich etwas faszinierenderes gesehen und ich verbrachte die nächsten Urlaube dort nur noch vor dem PC.
Welch Wunderwerk der Technik. Man konnte mit Paintbrush malen und die Bilder abspeichern! Ich lernte schnell die wichtigsten Dosshell Befehle und fand eine Schatzkiste an Spielen: Wing Commander. Lemmings. Sim Life. Silent Service 2.

Endlich ein Amiga 500

Einen Teil dieser Spiele konnte ich bald auf meinem gebrauchten Amiga, den ich mir kaufte,
Das Zimmer eines Computernerds
selbst spielen. Absolutes Lieblingsspiel wurde aber wieder ein Fußballspiel: Sensible Soccer wurde tagelang mit den Freunden gezockt.
Mit Civilization erwischte mich das erste Suchtspiel. Statt Latein zu lernen, eroberte ich als Lord Berni von Ägypten bis 2 Uhr morgens die Welt. Nicht viel besser waren Die Siedler, die ich damals für das genialste Spiel aller Zeiten hielt.
Super Mario 64
1995 begann auch für mich das PC Zeitalter. Der 486er mit 100 Mhz und 500 MB Festplatte war auf dem Stand der Zeit. Bald kaufte ich mir ein CD Rom Laufwerk dazu und die Spiele kamen mir vor wie Kinofilme: Rebel Assault, Creature Shock und Rollenspiele wie Ultima 7 und Lands of Lore.
Zwei Jahre später war der PC schon wieder Out. Die Spielkonsole N64 war das Maß aller Dinge. Die Wochenenden verzockten die Freunde wieder gemeinsam in meinem Zimmer mit Super Mario Kart und dem James Bond Shooter Golden Eye. Revolutionär auch Super Mario 64, der auf einmal nicht mehr nur von links nach rechts, sondern 360 Grad in sämtliche Richtungen laufen und hüpfen konnte. Die Zukunft hat begonnen, waren wir uns sicher.
Dann wurde lange nicht mehr Computer gespielt.

Die Playstation

Bis ich mir doch noch die PS2 und 2007 die PS3 besorgte. Längst dem Computernerdalter entwachsen war es die völlige Freiheit der GTA Reihe, die mich noch einmal zum Spieler werden ließ. Mit einem Müllauto durch den Park fahren. Ampeln missachten und Briefkästen umfahren. Genial! Daneben noch FIFA, das immer realistischer werdende Fußballspiel, kein Vergleich mehr mit den Pixelköpfen von Microprose Soccer. Und natürlich Assassins Creed, das Mittelalter GTA.
GTA V war übrigens das letzte Spiel, an dem ich mich noch versucht habe.

Seitdem habe ich leider weder Zeit noch Muse zum Spielen. Inzwischen warte ich, bis ich entweder meinem Sohn das Computerspielen nicht mehr verbieten kann, oder ich im Altersheim auf der PS12 meine letzten Tage mit GTA XVI verbringe.

Was aus dem Typen geworden ist, erfahrt ihr hier: www.bernhardstrasser.de

Mittwoch, 29. Oktober 2014

Warum Kirchanschöring ein ganz besonderes Dorf ist

Kirchanschöring - ein außergewöhnliches Dorf


Nicht erst seit heute befasse ich mit dem Thema, welche Bedeutung Kirchanschöring, neben dem, meine Heimat zu sein, für mich hat. Folgenden Aufsatz habe ich vor exakt 14 Jahren, als ich gerade in Prien lebte, geschrieben. Ob sich seit dahin viel verändert hat?



Warum ist eigentlich Kirchanschöring ein ganz besonderes Dorf?



An einem Samstagvormittag spazierte ich zum Bäcker, zum „Hiasn“. Dort standen an der Kasse mehrere Leute um eine Ausgabe der überregionalen Münchner Zeitung „tz“ herum. Auf Seite vier dieser bayerischen Version der Bild - Zeitung stand ein fast ganzseitiger Artikel mit der Überschrift „Der Bomber von Kirchanschöring.“ Daneben grinste den Leser ein altbekanntes Gesicht entgegen: Günter Wimmer.

Eigentlich kommt der Wimmer Günter ja aus Petting, jenen Ort zu dessen Gemeinde auch dieses legendäre Schönram gehört. Doch seit einigen Jahren ist der Günter ein Wahl - Kirchanschöringer mit Herz und Seele. 

Der Artikel dreht sich vor allem um Günters fußballerisches Können, da er laut einer Internet Statistik der erfolgreichste Stürmer von ganz Bayern sei. Doch zwischen den Zeilen dieses Berichts liest man vor allem eines heraus: Kirchanschöring ist etwas ganz besonderes. Der Verfasser beschreibt das Dorf als ein verschlafenes Kuhkaff, in dem sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, die Einwohner in Bauernhäuser leben und weder Heizung noch Türklingeln haben. Die Einwohner tragen Adiletten und Trainingsanzüge und ansonsten geht es hier urgemütlich zu. Ein Zufall, dass ausgerechnet in diesem Ort der erfolgreichste Torjäger Bayerns wohnt? Und dieser Superstürmer sagt dann auch noch ganz beiläufig: „Eigentlich spiele ich ja nur zum Spaß Fußball.“ Weil er eigentlich Musiker ist und als Sänger / Bassist der Band „Die Springer“ deutschlandweit noch bekannter ist als der Fußballstar Wimmer. Und dieses Alroundtalent, das sowohl als Musiker einen Plattenvertrag in der Tasche hat und zwischen Wien und Hamburg hin und her jettet, als auch als Fußballer Angebote bis hinauf von den Sechzigern bekommen hat, sagt ganz locker und kühl: „In einer Dorfgemeinschaft ist es viel lustiger“ Was ist also dran an diesem Dorf? Ist Günter Wimmers Entscheidung, „ja“ zu Anschöring und „nein“ zu München zu sagen ein Einzelfall? 
Nein, ganz und gar nicht. Ein Kirchanschöringer Fußballer hat bereits vor zwanzig Jahren Kirchanschöring über die Landesgrenzen hinaus bekannt gemacht: Der Dürnberger Bernhard, wie ihn im Dorf alle nennen, oder der „Bernd Dürnberger“; wie er im Kicker, in der Bild - Zeitung und der Sportschau bekannt war. Der spielte nämlich just in der Zeit für den FC Bayern als der seine größten Tage hatte. Fünf Mal deutscher Meister wurde er, zwei Mal Pokalsieger, gewann drei Mal den Europacup der Landesmeister und sogar den Weltpokal. Dabei kehrte er zu keiner Sekunde seiner Heimat Anschöring den Rücken zu. Zahlreiche Geschichten gibt es, wie der Star nach einem Fußballspiel beispielsweise mit einem angetrunkenen Anschöringer die Autobahn Richtung Heimat düste, die Mitfahrer sahen schon die Schlagzeile in der Bild - Zeitung, falls sie einen Unfall gebaut hätten. Oder die durchzechten Nächte in Eberding mit dem Fußballstar, der sich am nächsten Tag im Training möglichst weit weg vom Trainer halten musste, damit der seine Bierfahne nicht riechen konnte.
Kirchanschöring war schon damals in aller Munde. Was auch daran lieg, dass das kleine Dorf damals in der Landesliga Fußball spielte. „Der Schreck vom Lande“, so wurde der SVK damals in der tz tituliert. Zweitausend Zuschauer waren am Sportplatz, als die Kicker gegen Teams wie Ingolstadt und den FC Augsburg spielten. Genau so viele wie Kirchanschöring damals Einwohner hatte. Zwei Mal gastierte der FC Bayern beim SVK. Kirchanschöring ist seit nunmehr dreißig Jahren eine Fußballhochburg im Landkreis.
Nun gut, dann handelt es sich bei Anschöring also um ein reines Fußballerdorf, oder? Stimmt auch nicht. Zu den sportlichen Größen, die über die Landkreisgrenzen hinaus bekannt sind, zählen Namen wie Andrea Kühn, Tom Obermayer oder Matthias Reitschuh. Die eine gehört zu den Top Skifahrerinnen im Land, der andere war bayerischer Meister im Badminton, der dritte im Laufen. Alle drei leben in Anschöring.
Nun gut, reduzieren wir Kirchanschöring also auf ein Dorf aus fanatischen Sportlern.
Fast richtig. Würde da nicht ein landesweit bekannter Bildhauer namens Georg Winkler leben. Nicht zu vergessen der große Visionär der Leinwand, Joseph A. Huschka, dessen Bilder gleichwohl wie sein Auftreten überregionale Schlagzeilen gemacht hat. Und selbst eine der ganz großen wie umstrittenen Schriftstellerinnen, Luise Rinser, hat die entscheidenden Jahre Ende des zweiten Weltkriegs in Kirchanschöring, besser gesagt in Voglaich verbracht. Einige ihrer Werke handeln sogar über das Leben in Anschöring. Allerdings kommen die Anschöringer darin nicht so gut weg wie in diesem Artikel.
Aber sonst hat das Dorf nichts besonderes mehr zu bieten, oder?
Nun ja, wenn man die Firma Meindl mal außer Acht lässt. Die ist nämlich bekannt für Trachten in höchster Qualität. Von der Fußballmannschaft des TSV 1860 München über David Hasselhoff, Thomas Gottschalk bis hin zu Arnold Schwarzenegger wurden sie alle mal vom Meindl ausgestattet. Was hat es doch damals für einen Auflauf im Dorf gegeben, als der „Terminator“ Schwarzenegger Kirchanschöring besuchte...
Schlagzeilen gemacht hat ein Kirchanschöringer vor Jahren in der Abendzeitung. „Beim Liebesspiel im Waginger See versunken“
lautete die Schlagzeile damals. Ein nicht näher genannter Anschöringer war damals mit seinem Auto irgendwie vom Pano Parkplatz in den Waginger See gerollt...
Vermutlich gibt es noch zahlreiche andere Anekdoten rund um Anschöring, die zeigen, warum es ein außergewöhnliches Dorf ist. Nirgendwo sonst gibt es so lustige und verrückte Menschen. Egal ob es die „Lackner Buam“ sind, die mit Perücken bekleidet in der Bravo Girl abgedruckt werden, oder der „U - Stammtisch“, der am liebsten im Saaldofer Dorfbrunnen zum Baden geht usw. Kirchanschöring ist einfach etwas ganz Besonderes.

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Samstag, 25. Oktober 2014

Die Einzigen – Norbert Niemanns radikaler Roman über Kunst, Liebe und Musik

Norbert Niemann schaut grimmig in die Kamera. Die Augen zusammengekniffen, entschlossener Blick, Dreitagebart. Das Foto hat seine Frau, Judith Bader gemacht. Bereits das Umschlagsfoto auf Norbert Niemanns neuem Roman lässt etwas von der unbeirrbaren Radikalität der „Einzigen“ erahnen. Der Chiemgauer Autor war nie bekannt dafür, halbe Sachen zu machen. Mit seinem neuen Werk lotet er neue Grenzen des literarisch vermittelbaren aus. Die Einzigen sind, was anderes war auch kaum zu erwarten, keine leichte Literatur und es ist mehr als vermessen, nach dem ersten Lesen das Buch zu beurteilen, aber so viel bleibt haften: Stellenweise ist es in einer dem Blick auf dem Umschlagfoto entsprechenden Radikalität geschrieben. Einer teils schwer verdaulichen Wucht, ähnlich der Kunst die seine Protagonistin Marlene Krahl exzessiv auslebt.
Die Einzigen, so hieß die Band von Harry Bieler, aus dessen Sicht der Roman erzählt wird, der Band von Marlene Krahl und dem Bandleader Sellwerth, dessen Beerdigung der Aufhänger des Wiedersehens der anderen beiden ist. Schon die Namen sind in ihrer gewollten Gewöhnlichkeit so gewöhnungsbedürftig, dass der Standardtrivialwanderhurenleser einen weiten Bogen um das Buch machen wird. Lässt man sich darauf ein, wird man in eine fremdartige, bizarre Welt der Musik eingeführt, Norbert Niemann bringt eine faszinierende Nische der elektronischen Musik näher und ist in seinen Beschreibungen Marlenes Kunst derartig extrem, dass sich der Laie nicht nur einmal die Frage stellt, ob es die beschriebenen Musiksparten, Komponisten und Künstler wirklich gibt, oder ob sie eine grandiose Erfindung des Autors sind. Marlene Krahl betreibt eine bizarre, in ihrer Radikalität kaum zu überbietende Avantgarde-Musik. Gipfelnd in  einer, kreissägenartige Töne hervorrufenden Tanzchoreographie, geht Marlene ohne Rücksicht auf Verluste ihren künstlerischen Weg. Beneidet, geliebt und verachtet zugleich wird sie von Harry Bieler, der sich seinerseits von seinen künstlerischen Ambitionen verabschiedet und sich, auf seine Weise radikal, auf eine Expansion der Seifenfirma seines Vaters, der ihm einst so verhassten Firma, versteift.
Soweit die Grundthemen des Romans, gewürzt natürlich mit jeder Menge Sozialkritik, Norbert Niemann wird nicht umsonst als politischer Autor angekündigt.
Aber etwas schwelt zwischen den Zeilen, das die Geschichte nicht greifbar macht. Marlene Krahl ist es, die nicht greifbar ist. Sie wirkt körperlos wie ein Geist. Oder wie eine Schallwelle. Sie existiert im Buch, aber der Erzähler wirkt wie ein Gehörloser, dem es nicht gelingt, die Person Marlene Krahl, die Liebe, die Harry für sie empfindet, greifbar zu machen. So wenig, wie man Musik greifbar machen kann.
Aber wer Norbert Niemann kennt, der weiß, dass der Autor bis ins kleinste Detail plant und ein Schreibprofi wie er nichts, vor allem nicht den Erzählton, dem Zufall überlässt.
Vielleicht ist genau dies der Zauber des Romans: Denn Marlene Krahl gelingt es, als Musikerin die Musik greifbar zu machen. Und genau so sehr, wie sich der Leser 298 Seiten lang fragt, warum sich Harry Bieler und Marlene Krahl eigentlich lieben, so sehr fragt es sich letztendlich auch Harry selbst, warum Marlene, die ihm in allen Belangen überlegen ist, ihn liebt.
Und die Antwort, die Belohnung sozusagen, sich durch diesen tiefen, schweren Roman gekämpft zu haben, ist ebenso verblüffend wie folgerichtig. Und auf einmal sieht man den ganzen Roman mit anderen Augen.

Norbert Niemann ist ein Autor, dessen Bücher man entweder verstehen muss, oder ein zweites, ein drittes Mal lesen muss. Da ich mir nicht anmaße, zu ersterer Sorte zu gehören, freue ich mich bereits auf den nächsten Durchgang.

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