In der Theorie haben wir uns das so vorgestellt: Wir Jungs machen gemeinsam ein bisschen Gymnastik für den Rücken, von mir aus noch kurz ein Räucherstäbchen angezündet und danach schnell zum Wirt. Und unsere Frauen sind sowas von stolz auf uns, weil ihre gestandenen Burschen "Yoga" machen. Haha, die haben ja keine Ahnung von richtigem Männeryoga. Ja, so ungefähr haben wir uns das ausgemalt. Die alte Yogatante vom Prospekt macht den Kleinen Fisch, den Lustigen Kriecher oder den Sonnentanz, oder was auch immer vor, und wir machen es nach. Möglichst schnell, möglichst effizient, der Männeryogastammtisch wartet.
Und jetzt sitzen wir da, 13 Männer, kleinlaut und verschüchtert wie Mäuschen, während die junge Yogalehrerin, die alte ist scheinbar verhindert, erklärt, dass Yoga kein Sport ist. Sie fragt uns, was wir uns vom Yoga erwarten. Jeder antwortet ernst, leise, richtig ehrfürchtig gegenüber der jungen Yogafrau etwas von „Rücken" oder "Ausgleich zur Büroarbeit“. Ich sage „Meditation" und meine eigentlich „Wirtshaus“. Sie faselt etwas vom „zu sich selbst kommen“ und, dass es beim Yoga nicht um Konkurrenzkampf geht. Wir grinsen. Wir wissen genau, dass trotzdem jeder von uns alles geben wird, der beste in der Männeryogagruppe zu sein.
Noch immer geht uns die Düse. Wir waren schon vor Beginn der Stunde fix und fertig. Unsere Fahrgemeinschaft war spät dran, weil jeder quasi vom Büro weg abgeholt wurde. Dann hetzten wir Richtung Osterloh. Wo auch immer das ist. Wir kreuzten durch die Wallachau des bayerischen Voralpengebiets, wo die Orte noch Vordereck, Hintereck und Mitteleck heißen.
Hektisch wurden die anderen Männer antelefoniert: Wo ist dieses Scheiß Osterloh? Wo sind wir? Schalt doch das Navi ein! Navi: "Bitte wenden sie!"
Völlig ausgepowert und gestresst kamen wir im Yogastadel Osterloh an.
Nach einer Dreiviertelstunde Kennenlernrunde sind wir ansatzweise entspannt genug, dass wir fit für die Entspannungsübungen sind.
Zuerst geht es in den Schneidersitz. Als ich vor Jahren an einem Schnupperyoga mitmachte, war ich der einzige, der den Schneidersitz nur unter Zuhilfenahme von nicht einem, sondern drei Kissen bewerkstelligen konnte. Alle schauen mich grinsend an.
Ich resigniere. Der Schneidersitzguru werde ich auch in diesem Kurs nicht. Ich kniee mich auf ein riesiges Kissen. Das geht ganz gut. Erst nach zweieinhalb Minuten bekomme ich einen Krampf.
Endlich dürfen wir Gymnastik machen. Die Frau ruft Tiernamen und wir verrenken uns. Geil! So stellt man sich Männeryoga vor. Gerade, als wir ins Schwitzen kommen, müssen wir uns wieder in den Schneidersitz hocken: Wechselatmung üben. Sie macht eine Geste mit der Hand, die in Rapperkreisen als "East Side" und in Schreinerkreisen "Drei Bier bitte!" interpretiert werden könnte. (2 EUR in die Sparwitzkasse)
Wir müssen uns abwechselnd mit Daumen und Ringfinger die Nasenlöcher zuhalten. Wir schauen uns entsetzt an, machen aber genau das, was die Frau von uns will.
Die fängt auf einmal an zu lachen. Kriegt sich gar nicht mehr ein. Kichert sich einen ab statt Wechselatmung. Jaja, wir wissen selber, dass das bescheuert ausschaut. Was lacht sie denn so?
"Bitte die Finger nicht in die Nasenlöcher stecken!", sagt sie sanft. Dann machen wir die Atemübungen, unterbrochen nur vom Lachen der Yogalehrerin, deren Atem kurz in die Schnappatmung wechselt. Lachyoga, denke ich.
Zum Schluss nochmal Entspannung. Wir schließen die Augen. Sofort fängt einer an zu Schnarrchen. Scheiß Männeryoga.
Ein Gong ertönt. Also doch Esoterikscheiß, frage ich mich, aber da ist es schon wieder vorbei. Das war's? War ja gar nicht so schwer. Wir fahren zum Wirt.
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