Sonntag, 10. Januar 2016

Unschuld und die Frauen - Franzens Purity

Mein Sohn (3) sagte zum Cover immer:
Seine (Franzens) Hände sind abgebrochen! Er
war aber auch schon alt! : )
Pip heißt eigentlich Purity und Purity heißt ebenso Jonathan Franzens Roman "Unschuld"
im Original. Seltsam übersetzt, aber welche Mutter / welcher Autor nennt schon seine Hauptfigur "Purity"?

Und da sind wir schon mitten drin in Franzens Welt. Von der Literaturwelt vergöttert stieß der Roman bei einigen Buchbloggern (nicht ganz zu Unrecht) auf vernichtendsten Widerstand. Ich hab das Buch, obwohl ich ein Langsamleser bin, bis zum letzten Satzzeichen durchgearbeitet. Was bedeutet: Es hat mich durchaus unterhalten, sonst wäre ich nach hundert Seiten schon ausgestiegen. Streckenweise hat mich das Buch sogar richtig gefesselt. Vielleicht nicht unbedingt im literarischen Sinne, aber plotten, das kann er, der Franzen. Das Überraschungsmoment, in dem der Leser erfährt, wer Pips Vater tatsächlich ist, zähle ich sogar zu den besten, die ich bisher gelesen habe. 
Und dennoch war ich noch mehr überrascht, wie simpel, fast trivial Franzens Sprache ist, wie banal viele der (Männer)Fantasien in die er sich hineinspinnt. Und glaubt man anderen Rezensenten, liegt es nicht an der Übersetzung. 
Interessant ist auch das Frauenbild, das der Autor Franzen zeichnet: Alle Männer sind direkt oder indirekt Opfer einer Frau. Sie wurden entweder von der Ehefrau "kastriert", oder von der eigenen Mutter verhunzt. Schuld sind die Männer nie. Sie sind zwar alle mit Fehlern beladen aber kleine Würstchen im Vergleich zu den Monstern, die ihre Frauen/Mütter sind. 
Einzige Ausnahme ist natürlich die reine, unschuldige Pip, die zwar auch kein Kind von Traurigkeit ist, aber an deren harmlosen Verkorkstheit ist natürlich auch die Mutter schuld. 

Seltsam ist auch das Ende, zu dem ohne Spoilergefahr gesagt werden kann, dass ein Hund eine wichtige Rolle spielen wird. So, als sei Pip und Pips Unschuld am besten mit einem Hund zu vergleichen. Hm, da es das ja irgendwie ziemlicher Quatsch ist, habe ich da sicherlich zu viel hineininterpretiert. Ich werde das Buch also nochmal durchkauen. Und gebe Euch in drei Monaten, wenn ich fertig bin, Bescheid, ob ich was anderes herausgefunden hab! 

Mehr Literatur:

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