Der Wanda-Zirkus zieht weiter von Stadt zu Stadt |
Seit fast einem Jahr zieht der Wanda-Zirkus durch Österreich und Deutschland und ist der derzeit unbestritten heißeste Scheiß, den der sonst so vorhersehbare Musikbusiness zu bieten hat. Mit dem zweiten Album „Bussi“ sind sie einerseits dabei, sich als Mega-Hype zu etablieren. Für die etablierten Fans andererseits ist „Bussi“ schon wieder so eine Art Hoam-coming in die Wanda-Welt. Es ist alles vertreten, was Amore zu einem life-changing Kunstwerk gemacht hat: Die falconesque Attitüde einer abgefuckten (Wiener) Welt, Bologna, Schnaps und Weinflaschen – alles mit drin, wofür man Wanda liebt. Nur der Thomas heißt jetzt irgendwie Andi und wir wissen immer noch nicht, mit wem Tante Ceccarelli in Bologna Amore gemacht hat.
Dafür hört sich schon der titelgebende Song „Bussi Baby“ so an, als packte eine talentierte Wanda-Parodie-Band alle Klischees des ersten Albums in einen Song. Will heißen (in genau der Reihenfolge): High sein, Schnaps, Mama, Rom oder Berlin, Sterben in Wien und was Weißes. Und der Rest ist ein nicht mehr enden wollendes Bussi, Baby.
Wo Wanda drauf steht, ist auch jede Menge Schnaps drin. Darauf ist auch beim zweiten Album Verlass. Den Bierzelt-Kracher „1, 2, 3, 4“ hat man den Wienern ja schon auf den Live-Konzerten verziehen. Und wenn sie auf dem Oktoberfest nächstes Jahr tatsächlich Lieder über traurige europäische Geister grölen, muss man wohl erst recht der Band Respekt zollen. Erst ab dem zweiten Titel kriegt man eine Ahnung, was das Wanda-Universum sein könnte: Es schwingt immer etwas wienerisch Morbides mit. Der Tod zu einer Melange vermischt mit jeder Menge Alkoholika und einer Prise Inzest. So einfach ist das Geheimrezept. Das kann man jetzt bescheuert finden, oder einfach nur genial.
Michael Marco Fitzthum alias Marco Michael Wanda und seine Jungs scheinen dieses Geheimrezept entschlüsselt haben, wie man die deutschsprachige Gitarrenschrammelmusik entstauben und völlig auf den Kopf stellen kann.
Wie bei jedem Hype gibt es inzwischen bereits Kritiker, die die ersten Haare in der Suppe entdeckt haben, und diese vom Haupt des Frontsänger zu kommen vermuten: So wie einst der große Falco, so sind sie überzeugt, versucht sich auch Wanda im Inszenieren von Skandalen. Und so kann es kein Zufall sein, dass die hübsche junge Dame im Bussi-Video niemand anderes ist als Ronja von Rönne, das, glaubt man dem Internet, deutsche Gesicht des Antifeminismus. Ein Wink mit dem Zaunpfahl also, dass Wanda mit frauenfeindlichen Texten die Jugend verderben will. Die inzestuösen Andeutungen und die Schnapshymen aus dem ersten Album, sowie das Koks aus demselben Lied, das hätte man der Band ja noch verzeihen können. Aber diese Ronja von Rönne in einem Video mitspielen lassen – da zeigen die Wiener Machos endlich ihre hässliche Fratze.
Man kann auch zum Spaß haben in den Keller gehen. Wanda sind, was sie sind. Eine Rockband mit genialem melodiösem Retrosound, Texten, die mal mehr, mal weniger Interpretationsspielraum für Skandälchen lassen, eine braune Lederjacke und einfach unfassbar viel Amore. Weiter so.
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PS:
In der Süddeutschen erschien ein kongenial geschriebener Verriss von Wanda, in dem sich die Autorin aber irgendwie ebenfalls nicht diesem schwarzen Zauber entziehen konnte:
Wem dieser Typ aber einmal nach Feuer gefragt hat und mit Zigarette im Mundwinkel genuschelt hat: "Ich bin der Marco, übrigens", der ist dieser Band einfach verfallen. So isses einfach.
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