Rihanna hätte in Nizza gespielt. Am Tag nach dem Terroranschlag wurde das Konzert abgesagt. Und glaubt man den Münchner Boulevardmedien hat sie nach dem Amoklauf im Olympia-Einkaufszentrum auch ihr Zimmer in München abgesagt. Die Zeiten, in denen man ohne mulmiges Gefühl auf Großveranstaltungen geht sind längst vorbei. Was mir beim Rihanna-Konzert allerdings passiert ist, hat mich selber umgehauen.
Bitte fragt nicht, warum man, wenn man schon der Angst vor dem Terror trotzen will, ausgerechnet auf das Rihanna-Konzert geht, wenn es doch so viele andere gute Musiker auch noch gibt. Aber ich war da.
Es beginnt schon damit, dass die Parkplätze am Olympiapark alle besetzt waren. "Fahren sie zum OEZ, dort ist noch was frei." "OEZ" "Olympia-Einkaufszentrum". Aha, da war doch vor zwei Wochen was. Deshalb gibt's da noch so viele freie Plätze.
Olympiastadion München, eine hunderte Meter lange Schlange vor dem Einlass. Klar, es war angekündigt, dass schärfer kontrolliert wird als gewohnt. Aber stundenlang anstehen? Wir spazieren weiter zum Eingang Nord und seltsamerweise steht dort so gut wie niemand an. Eine Frau diskutiert mit dem Ordner, warum sie ihre Tasche nicht mit hinein nehmen darf. Die Tasche ist klein, aber nicht so klein wie das Quadrat auf das der Ordner zeigt. Auf die Größe kommt es diesmal an. Was die Größenauswahlkriterien waren ist nicht klar: Länge einer Kalaschnikow? Volumen von Sprengstoff, der keinen Schaden anrichtet? Jedenfalls fühlt man sich aufgrund der peniblen Kontrollen sicher.
Und dann sitzt man im Stadion, schaut sich den Rapper Big Sean an, der Olympiaturm im Abendlicht. Und dahinter ein Flugzeug. Ein verdächtig niedrig über München fliegendes Flugzeug. Und auf einmal, ohne es zu wollen, geht das Kopfkino los: Das Flugzeug fliegt über das Olympiastadion, dreht eine Schleife, geht in den Sinkflug. Zehntausend Menschen schreien auf. Deckung! Wo Deckung suchen? Zwecklos. Das Flugzeug senkt sich in quälender Langsamkeit nach unten, panisch kreischende Menschen drängen sich Richtung Notausgänge. Die Securitys sehen machtlos zu. Ich öffne die Augen. Alles gut. Das Flugzeug ist weiter geflogen. Nichts passiert. Krass, was die Angst inzwischen mit einem machen kann.
Zurück zum Konzert: Rihanna kommt eine geschlagene Stunde zu spät. Starker Auftakt. Während alle auf die Bühne starren, steht sie auf einmal mitten in der Arena, spaziert durch den Mittelgang und beginnt mit starker Stimme und der Ballade "Stay". Danach wird es laut, es wird getanzt, die Bässe wummern und es fällt auf, dass Rihanna keinen Bock hat, ihre alten Songs zu spielen. Die neuen, die sie teilweise selbst geschrieben hat, performt sie hochmotiviert. Ihre alten Hits werden entweder gar nicht gespielt, oder als Medley zusammengemanscht. Als wolle sie ein Statement gegen die Hits ihres Karriereanfangs setzen, verweigert sie teils sogar dem Playback die Lippenbewegung. Ja, einige Songs werden Playback abgespielt. Die stärksten Momente sind deshalb die Balladen, die sie natürlich live singt. Höhepunkt "Diamonds in the sky", einem der wenigen intimen Momente als sie München direkt auf das "McDonalds-shooting" anspricht und die Fans bittet, mit ihren Smartphones Licht zu machen.
Und auf einmal ist die Show vorbei und kein einziger Zuschauer - außer ich, schreit "Zugabe". In Windeseile leert sich das Stadion. Was ist denn da los? Hab ich was verpasst? So schlecht war das Rihanna-Konzert dann auch wieder nicht.
Aha, aus dem Internet erfährt man schließlich, dass Punkt 11 im Olympiastadion der Strom abgedreht wird. Wusste ich nicht. Rihanna wusste es scheinbar. Schade, hätte dann beim letzten Song vielleicht doch ein bisschen lauter geklatscht.
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