Montag, 9. Oktober 2017

Meine Crew, meine Schreibschule, mein Autorennetzwerk

Warum ein Schreibnetzwerk für Autoren so wichtig ist

Die Memoiren von Traunsteins
zweitkleinstem Schriftsteller
Vergesst alles, was ihr jemals über Autoren und das Schreiben gehört habt! Schriftsteller sind keine Genies die den ganzen Tag in der finsteren Stube sitzen und Genialitäten aufs Papier bannen. Literaten brauchen Inspiration, brauchen ihre Gang, sie brauchen ihre Autorenkneipe! Kein namhafter Schriftsteller kam ohne seine Autorenbuddies aus. Ziemlich beste Freunde, manchmal Feinde, sie hassten und sie liebten sich. Sie waren gleichermaßen Konkurrenz und Inspiration. Was sie immer taten: Sie wirkten aufeinander ein, beeinflussten sich, bis das Werk des jeweils anderen neue Horizonte überschritt. Goethe chillte mit Schiller. Thomas Mann battlete sich mit seinem Bruder Heinrich. Hemingway feierte mit Scott F. Fitzgerald und der ganzen Pariser Gang. Es gab eine Weimarer Klassik, Heidelberger Romantik, eine Frankfurter Schule. 
Auch ein kleiner Hobbyautor im Chiemgauer Voralpenland, der für kurze Zeit einmal Traunsteins zweitbester Schriftsteller war, träumte davon, einmal Teil einer Autorenclique zu sein. Wenn er sinnierend über den Stadtplatz flanierte, saß er gedanklich in den Wiener Cafés. Dort trank er Schnäpse mit Kehlmann und Glavinic, lästerte mit Marco Michael Wanda über Stefanie Sargnagel und lugte verstohlen zu Vea Kaiser, unbestritten Österreichs zweitschönster Autorin, hinüber.
Dann las er, mindestens einmal zu oft, Herrndorfs Arbeit und Struktur und saß nächtelang mit Holm, Cornelius und Philipp im Prassnik oder spielte Fußball an der Bergstraße. So träumte der kleine Literat tagaus tagein davon, einmal Teil einer Autorenclique zu sein.
Doch mit der Zeit reichte ihm das Träumen nicht mehr. Er wollte wirklich echte Schriftsteller zum Freund haben. Autoren mit denen man über Schreibblockaden jammern und vom großen Opus Magnum fantasieren konnte. Gleichgesinnte, die die Sorgen des Schreibenden teilten und mit denen er legendäre Lesungen veranstaltete und Veröffentlichungserfolge feierte. 
Monat für Monat semperte er in weinseliger Stimmung beim Stammtisch der Chiemgau-Autoren von diesem großen Traum und fragte Michael Inneberger und Meike K. Fehrmann seufzend, ob sie ähnliche Träume hegten. 
Der kleine Literat suchte auch in Schrobenhausen, München und Barliano. Doch weder der Norbert noch der Arwed konnten ihm weiterhelfen. Und eine Gruppe Wildschweine zuckte grunzend die Schultern.
Es musste doch irgendwo in Bayern eine coole Clique spannender Autoren geben die Bock hatten, Abends gemeinsam Fußball zu spielen und danach ins nächste Wein-Beisl zu gehen und, vielleicht nicht gleich zu koksen, aber zumindest über Proust zu diskutieren. 
Dem kleinen Literat kam die Digitalisierung 4.0 entgegen. Auch wenn sie in seiner Heimatstadt noch um die Digitalisierung 1.8 herumdümpelte. Er nutzte sämtliche Social Media Kanäle und schrieb alle wilden Jungautoren an, die er bisher kennengelernt hatte: Den Fabian aus Würzburg, den Matthias aus München, den Ralf aus Passau. Doch auch sie hatten keine Ahnung, wie man eine coole Autorenclique gründen könne. 
Letztens holte er sich in Berlin Rat bei der Ronja, einem Mädel aus seinem Nachbardorf und bei ihrem Freund Tilman. Auch sie konnten ihm nicht dabei weiterhelfen, endlich in Gesellschaft supercooler Autoren Bier zu trinken und über Literatur zu diskutieren. Sie boten ihm mitleidig an, ihm Cornelius, Holm und Philipp vorzustellen. Aber leider hatten sie weder die Handynummer vom Glavinic, noch die Email von der Vea Kaiser. Deprimiert winkte der kleine Literat ab. 
Er würde weitersuchen! Irgendwo musste doch seine Crew, seine Schreibschule, sein Autorennetzwerk auf ihn warten! Spätestens am Montag beim Stammtisch der Chiemgau-Autoren würde er wieder nachfragen, ob nicht jemand einer passenden Literaten-Gang irgendwo begegnet sei. Er würde nicht aufgeben! Nein, er wird nicht aufgeben!

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