Oder: Kirchanschöring hat wieder eine Literatin!
Gut besucht war die Bücherausstellung im Pfarrsaal (in den Achtziger Jahren) |
Ein Ausflug in meine Kindheit. Der Pfarrsaal, in dem schon
meine Mama vor 30 Jahren die Bücherausstellung der Bücherei Kirchanschöring
veranstaltet hat. Natürlich nicht mehr derselbe. Er wurde vor vielen Jahren
abgerissen. Und an gleicher Stelle neu aufgebaut. Aber manche der katholischen
Wandverzierungen (siehe Bild rechts) sind dieselben wie damals. Es riecht auch wie damals nach
Kaffee und Kuchen. Und die Bücher bieten über Spiegel-Bestseller bis zu Franz
Josef Strauß-Memoiren dieselbe Bandbreite wie 1986. Die Kinder tollen zwischen
den Büchertischen herum. Eines sieht fast so aus wie ich als Kind. Gleich
müssen sie leise sein, weil die Erwachsenen irgendeinem Schriftsteller zuhören
wollen. Nämlich mir!
Luise Rinser, Walburga Gierlinger und jetzt also ich. Das
sind die Literaten die in Anschöring leben oder lebten und ins Dorf geladen
wurden, um aus ihrem Werk zu lesen.
Im Hintergrund: Die Reste vom Eine-Welt-Laden |
Ich scherze trotzdem, dass ich meinen ersten Roman ja mit 17
geschrieben hätte und es ganze 20 Jahre dauerte, bis ich endlich mal in die
Bücherei eingeladen wurde. Das lag sicher an der Büchereileiterin damals.
Achso, das war ja meine Mutter.
Erstaunt bin ich, als ich im Publikum Frau Scharbert
entdecke. Meine Lehrerin in der ersten Klasse. Die Frau, die mir das Schreiben
beigebracht hat. Sie ist nun 78, fast blind, kauft mir trotzdem mein Buch ab. Sie
war die netteste Lehrerin die man sich nur vorstellen konnte. Und sie weiß noch
genau, wo ich gesessen war. Hinten links. Neben Hubert Brudl. "Halb
Mensch, halb Nudel", schießt es mir durch den Kopf und beiße mir auf die
Lippen. "Herbert", korrigiere ich sie. Sie fragt mich, ob ich immer
noch alle Namen der Dinosaurier weiß. Also war ich damals schon ein Nerd. Das
erklärt manches.
Nächstes Mal lese ich wohl die "Kleinstadtrebellen" |
Aus dem Publikum werde ich gefragt, ob ich nicht Geschichten
erfinden könnte. Doch, kann ich! Behaupte ich. Aber lange fällt mir keine ein.
Denn selbst der Finstermann war ja irgendwie Tatsache. Schließlich fällt mir
noch der Rosenheim- Krimi mit der explodierten Prostituierten ein. Alle starren
mich an, als glaubten sie mir nicht, dass die Geschichte ebenfalls erfunden
ist. Vielleicht hätte ich ja vor zehn Jahren diese Geschichte vorgelesen. Und
darauf wäre Mama mit Sicherheit nicht stolz gewesen.
Zuletzt bekomme ich noch einen Korb von der
Büchereileiterin. Einen voller Gemüse vom Bio-Michi. Meine Kinder jubeln.
Zwei Tage später begegne ich am Friedhof der Gierlinger
Burgi. "Kirchanschöring hat wieder eine Literatin", murmle ich. Das
war damals die Schlagzeile nach ihrer gefeierten Lesung. Vielleicht habe ich
mich deshalb mit dem Roman so ins Zeug gelegt, um sie als Anschöringer
Literatin abzulösen. Aber noch ist es nicht so weit. "Ich habe noch den
ganzen Rechner voller Geschichten!" flüstert die Literatin und zwinkert
mir kämpferisch zu.
Auch ich habe mich gefreut, das so viele gekommen sind, um Dir zu zu hören. Und deine Schwester hat neben mir auch noch eine Freundin mitgebracht, nicht nur so zur Unterstützung, sondern weil Du, auch wenn Du es manchmal selbst nicht glaubst, wieder ein hervorragendes, menschliches Buch geschrieben hast. Menschlich, weil dieses Buch einen zum Lachen und Weinen bringt, man braucht Abstand und sucht doch auch wieder die Nähe um zu erfahren, wie es weiter geht.
AntwortenLöschenJa, meine Schwester sorgt schon dafür, dass der Laden läuft : ) Schön, dass Ihr dabei wart!
AntwortenLöschenAnrührender Erlebnisbericht. Gratuliere!
AntwortenLöschenAG