"Alois ist erleuchtet" - Teil XXII
Klar,
es nervt unbeschreiblich, jedesmal wieder betonen zu müssen, dass ich einer der
wichtigsten Kulturschaffenden dieser Kleinstadt bin. Erst neulich musste ich
mich wieder dem Haifischbecken der Kulturpolitik unserer Stadtverwaltung
stellen. Die besten Köpfe der hiesigen Künstler wurden geladen. Folgerichtig
wurden neben mir auch der Landschaftskünstler Helmut Mühlbacher, Andi Auer von
International Bohemia und irgendeine superberühmte Harfenistin, deren Namen ich mir nicht merken konnte, eingeladen. Ach ja, der Bürgermeister saß auch mit
auf der Bühne. Der hatte aber nicht viel zu sagen, weil sich die Künstler ja
erstmal alle sehr intensiv selbstdarstellen mussten. Zunächst jedenfalls.
Das
seltsame an diesem Abend war, dass eigentlich keine normalen Leute im Publikum
saßen, sondern halt der Rest der Kulturschaffenden. Die anderen hatten wohl keinen Platz mehr
auf der Bühne gehabt. Da waren die Malereiexpertinnen Löffler und Bader,
die Betreiber der in shakespearescher Wucht verfeindeten Spielhäuser Fuchs und Enzensberger. Die
Vertreter der Jungen Union, die das Ende der Güterhalle besiegelt hatten, der Regisseur Lay, der deshalb dort kein Theater mehr spielen darf und außerdem waren
noch die ganzen Kleinstadtflaneure und Szenekenner da. Die waren aber weniger
wegen uns Künstlern da, sondern weil sie dem Oberbürgermeister noch einige
Fragen stellen wollten.
Das haben sie kurz vor Veranstaltungsende auch getan
und lustigerweise ist der Bürgermeister nach jeder Frage so aufgegangen, dass
der Kleinstadt-Boulevardreporter Effner sich innerlich die Hände nur so wundgerieben und wohl sehr bedauert hat, dass es keine Kleinstadt-Version der Bild-Zeitung
gibt. Er hätte für mindestens vier Ausgaben tolle, rot unterstrichene Ausrufezeichen-Schlagzeilen formulieren können. Warum sich der
Bürgermeister so aufregte? Vielleicht war ihm die Podiumsdiskussion zu wenig
kontrovers, jedenfalls ging es auf einmal um Facebook-Einträge, die Lügen
verbreiteten und Theaterhäuser die Stimmungen machten und um authentische
Bürgermeister die froh waren, keine geborenen Politiker sein zu müssen. Die
Künstler auf der Bühne hörten sich die Vorwürfe aller Seiten dankbar an und
brauchten sich um Inspiration für die nächsten Werke nicht zu sorgen. Ludwig Thoma hat sich in Traunstein, heißt es, auf ähnliche Weise inspirieren lassen.
Apropos Inspiration und Kreativität: Die Harfenistin betonte, dass sie selbst keine Kunst erschaffe, sondern nur bereits vorhandene Noten handwerklich reproduziere. Dafür könne sie, anders wie die Hobby-Autoren auf der Bühne, davon leben.
Ich zuckte mit den Schultern. "Ich stehe ja mehr auf Harfenmusik!", hatte einst Bud Spencer gesagt. Und an diesen Satz musste ich die ganze Zeit denken. Und daran, ob der Bürgermeister
mein satirisches Blog "Alois ist erleuchtet" vielleicht kannte und sich
falsch dargestellt fühlte. Vielleicht hatte er aber auch gehört, dass in
Büchern wie "Kleinstadtrebellen" oder "Dr. Döblingers
geschmackvolles Kasperltheater" Bürgermeister von Kleinstädten naturgemäß nicht so gut
wegkommen.
Das Kasperltheater war dann nach kurzer Zeit und einigen letzten
Staatsmännischen Statements schon wieder vorbei. Die Stimmung eher im Keller,
obwohl wir ja unter dem Dach waren. In die Zeitung haben es trotzdem nur die
Statements des Bürgermeisters geschafft. Vielleicht hätten wir Künstler doch
ein wenig kontroverser diskutieren sollen...
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