Sonntag, 20. August 2017

Traunsteins zweitbester Schriftsteller las im Kleidungsladen

Home is where the Lesung is
Wenn Traunsteins zweitbester Autor zur Lesung lädt, steht das Who is Who der Literaturszene stets Schlange, um Teil des großartigen Events zu sein. Auch diesmal waren die Superstars aus Literatur und Kunst wie Ronja von Rönne und Elena Muti - Muse Thomas Glavinic' zugegen. Allerdings nicht in persona, sondern nur virtuell in Werk und Bild. Auch die dritt- und viertbesten Autoren des Chiemgau konnten nicht, weil sie im Urlaub waren oder aus Neid auf das Talent des zweitbesten Schriftstellers der Stadt dessen Lesungen grundsätzlich boykottieren. Erkannt wurde im Publikum unter anderem ein heimischer Tumblr-Influencer, die literaturinteressierte 4-monatige Nichte des Schriftstellers und eine Handarbeitskünstlerin die kein Yoga betreibt.
Gehasst, verdammt, vergöttert: Der zweitbeste Schriftsteller Traunsteins
Ein milder Sommerabend in Ingemar Maiers Kleidungsladen.de, dem hipsten Laden der Stadt: Draußen wurde in der Abendsonne Pizza vom Cantuccio gegessen, drinnen übertrug Radio Festung live den Sound von DJ Martino di Leo. Und es gab Gesprächsstoff unter den Szenekennern: Wer ist die Schöne, die auf dem Kleidungsladen-Werbebanner groß behauptet "Home is where the lake is"? Handelt es sich etwa um die Künstlerin Elena Muti - bekannt geworden als die Muse von Thomas Glavinic - zweitbester Schriftsteller im deutschsprachigen Raum? Trotz frappierender Ähnlichkeit blieben Restzweifel - warum sollte eine international bekannte Künstlerin Werbung für den Chiemsee machen?
Über ähnliche Fragen handelte schließlich der erste Text, den der Autor dem Publikum vortrug: "Wie ich dem Chiemgau Ronja von Rönne näherbringen wollte und fast wahnsinnig wurde". Denn auch der in Berlin lebenden Feuilleton-Star (dem fälschlicherweise ebenfalls Nähe zu Glavinic kolportiert wurde) gibt sich ab und an Mühe, urbane Kultur in den Chiemgau zu transportieren. Über das Scheitern derartiger Ansinnen handelte dieser erste Text. 
Diese Bücher verschenkt der Vertriebsstratege auch gern, wenn die Leser
mal wieder kein Geld dabei haben
Was der Autor ebenfalls von der zweitbesten Jungautorin Deutschlands abschaute war, Lesungen unterhaltsam zu gestalten. Mit diesem mutigen Schritt bemüht er sich um eine Emanzipation seiner Chiemgauer Autorenkollegen. Also lud er die Jazzband wieder aus, strich den Lyrik-Part und las einfach nur lustige Blog-Artikel vor. Auch der zweistündige Vortrag "Wie Literatur entsteht" landete zerknüllt in der Tonne neben dem Elena-Muti-Banner. 
Gelacht wurde tatsächlich viel im Publikum. Vor allem über das Aussehen des Autors. Der sah sich gezwungen die Anekdote zum besten zu geben, warum der vormittags noch hipsterbärtige Schriftsteller nun mit einem glatten Babypopo im Gesicht auf der Bühne stand: Er hatte versehentlich den Aufsatz des Barttrimmers abgenommen und sich eine Schneise in den danach nicht mehr ganz so imposanten Holzfällerbart geschnitten. Nach Rettungsversuchen seiner Frau sah er kurz darauf aus wie Lemmy, wenig später hatte er einen Provinzpolizist-Schnauzer, wenig später sah er aus wie Charly Chaplin, er entschloss sich aber aus ästhetischen Gründen auch diesen Rest-Bart wegzurasieren und nass rasiert unter die Menschen zu treten.
Statt aus seinen Romanen las er diesmal überwiegend aus seinen Blogs vor: Während die im Publikum sitzenden Eltern von Kleinkindern über die Anekdoten aus dem "Elterntagebuch" herzlich lachten, weil sie die beschriebene Zeit des Zahnens längst hinter sich hatten, runzelten die schwangeren Damen die Stirn ob der Dinge die ihnen noch bevorstehen. Aber der Autor konnte sie auch rasch beruhigen: "Eine Geburt tut gar nicht sooo weh."
Während es im Kleidungsladen recht lustig zuging, reagierte man am anderen Ende der Stadt im Café Festung, wohin die Lesung live übertragen wurde, konsequent: Dort verfolgte man DJ Martiono di Leos Musik mit Genuss, die Lesung wiederum weckte unter den Szenegängern ambivalente Gefühle. Udo Henning später zum Autor, der eine Stunde lang hoffte, durch die live übertragene Lesung nicht länger nur der zweitberühmteste Autor der Stadt zu sein: "Das Gelaber habe ich dann sofort ausgemacht". 
Der Autor nahm es gelassen. Das Vermarktungsgenie verschenkte noch ebenso viele Bücher wie er verkaufte und stieß nach der Lesung erschöpft aber glücklich mit der zweidimensionalen Elena Muti an in der Hoffnung, eines Tages so tolle Lesungen zu machen wie ihr Ex-Freund Thomas Glavinic. 

Freitag, 18. August 2017

Die Telekom auf der Suche nach dem verschwundenen Handy

Wie ich auf einer Odyssee alle Mitarbeiter des Traunsteiner Telekom-Shops kennenlernte

Das Ersatzgerät, das mir die Telekom zur Verfügung
gestellt hat (links)
Dies ist eine epische Geschichte über die Telekom, Deutschlands größten Dienstleister. Seit 4 Wochen sind alle Mitarbeiter der Telekom, zumindest die der Telekom Traunstein auf der Suche nach meinem Handy - bis heute erfolglos. Eine Saga, die ich Euch auf keinen Fall vorenthalten möchte:
Es begann im Mai, als ich mein defektes Apple-Smartphone reklamieren wollte. Nach nur zwei Tagen hin und her zwischen Telekom und Apple Provider wurde mein Handy eingeschickt - und prompt bekam ich innerhalb einer Woche ein Neugerät. Soweit, so gut - meine persönliche Ilias endete mit der Eroberung Trojas beziehungsweise dem neuen Handy.
Allerdings folgte bei Homer auf den Sieg im trojanischen Krieg eine zehnjährige Odyssee: 
Auch bei mir - leider war auch das Austauschgerät defekt.
Am 19. Juli - vor fast genau 4 Wochen stattete ich der Telekom Traunstein jenen Besuch ab, der mich auf meine Odyssee mit bisher unabsehbarem Ende schickte. Zwar nahm man mein defektes Iphone anstandslos an, allerdings war es der Telekom-Mitarbeiterin nicht möglich, den Vorgang korrekt im System zu verbuchen. Ob es ein Systemfehler war, oder weil es sich um ein Austauschgerät handelte, erschloss sich dem Laien nicht. Die Dame machte sich eifrig Notizen und ich dachte mir nichts, dass ich ohne Beleg den Laden wieder verließ. 
Schön ist es, einige Tage ohne Handy zu sein.
Als ich nach einer Woche nichts mehr von der Telekom gehört hatte, fragte ich vorsichtshalber mal nach. Herr Sch. mühte sich redlich - allerdings war kein Vorgang erfasst. Nachdem die rührigen Mitarbeiter der Telekom Traunstein jeden Winkel nach meinem Handy durchsuchten, fand Herr G. heraus: Der Lieferant hatte das Handy ohne Schein abgeholt - man wisse nicht, wo es sich befindet. Immerhin: Ich erhielt ein Ersatzhandy. Innerhalb von 2 Wochen sei mein Iphone wieder da.
Meine erste Prüfung auf der Odyssee waren wieder nicht die Sirenen, sondern ein Samsung Galaxy Android-Handy. Man hätte mich an einen Mast binden sollen, dann wäre ich gar nicht in die Versuchung gekommen, ein neues Betriebssystem zu erlernen. Seitdem weiß ich, was ich an meinem Iphone habe.
Sehnsüchtig wartete ich jeden Tag auf den Anruf der Telekom. 
Es wurde August. Die zwei Wochen verstrichen, ohne einen Anruf. Die Odyssee ging weiter. Ein Telefonat mit Herrn L. - langsam wurden die Stimmen der Telekom-Mitarbeiter vertraut wie die von guten Freunden. Am nächsten Tag besuchte ich persönlich die Telekom und lernte meinen neuen Odyssee-Weggefährten, Herrn G. persönlich kennen. Er versprach mir, dass mir die Telekom für die Mühen auf meiner Odyssee zwei Monatsraten erließ. Dass ich jemals mein Handy wieder zurückbekomme versprach er mir schließlich auf Nachfrage auch. Und zwar spätestens am Mittwoch, den 16. August. 
Wie Odysseus seiner Heimkehr fieberte ich diesem Datum entgegen in der unerschütterlichen Hoffnung, endlich wieder mein Apple Gerät in die Arme schließen zu können. Doch obwohl ich stundenlang vor der Veranda ausharrte und auf den Lieferwagen wartete, ging ich auch an diesem Abend enttäuscht zu Bett. Tags darauf besprach der verzweifelte Odysseus erneut den Anrufbeantworter der Traunsteiner Telekom, diesmal beinahe flehend: Herr G., das Handy ist immer noch nicht da! Doch Herr G. war auch nicht da. Ich schätze, er ist höchstpersönlich nach Kalifornien geflogen um bei Apple vorstellig  zu werden um nachzufragen, was mit meinem Handy eigentlich los ist. Einzig mein guter Freund Herr L., rief spätabends erschöpft, ebenso ausgelaugt wie ich an und teilte mit, dass weder mein Handy noch Herr G. da seien. 
Es ist Tag 30 der Odyssee. Ich halte Euch auf dem Laufenden, wie die Odyssee weitergeht.
Liebe Grüße, 
Euer Odysseus

Nachtrag am 18.8.:
Gerade hat er G. angerufen: Er hat mir mitgeteilt, dass mein Handy inzwischen da ist! Stolz erzählte er, dass es "sehr gut ausschaut!" Apple hat festgestellt, dass mein Handy WIRKLICH defekt ist! Als ich Herrn G. schüchtern fragte, ob ich mir das Handy heute abholen darf, wurde er wieder nachdenklich: "Nein", erklärte er, "Das Handy muss nun wieder eingeschickt werden, dann haben Sie innerhalb einer Woche Ihr neues Handy!"
...
Odysseus legte ernüchtert wieder auf: Die Odyssee geht weiter.



Nachtrag am 21.8.:
Termin um 10:00 Uhr bei der Telekom. Nach sechzehn Minuten Wartezeit komme ich dran. Ich fordere ein, den Telekomshop mit einem eigenen Handy verlassen zu wollen. Überraschenderweise geht Herr G. auf alle meine Forderungen ein: Ich bekomme ein Huawei P9 (Endlich ein boarisches Handy!), nochmal zusätzlich 50 EUR Nachlass zu den ohnehin versprochenen erlassenen zwei Monatsraten. Beinahe geht es mir zu einfach und ich frage mich, ob ich mal wieder viel zu nett war. Zufrieden verlasse ich den Telekomshop. Ich habe ein neues Handy! Was ich immer noch nicht bekommen habe: Mein altes Iphone. Odysseus Reise geht also weiter...


Aktueller Stand am 28.8.:
Anruf von Herrn L.: Das Handy ist da! Einen Augenblick lang große Freude. Dann murmelt Herr L. allerdings, dass das Handy nicht repariert wurde, da kein Fehler vorliegt.
Ich eile zur Telekom. Diesmal muss ich nicht warten. Ich lerne die nette Frau T. kennen, die sich nun zu meinen treuen Weggefährten meiner Odyssee einreiht. Denn als ich das Handy auspacke ahne ich bereits, dass etwas nicht stimmt. Und tatsächlich: Ich rufe Frau T. an. Frau T.: "Hallo? Hallo? Hallo?". Sie versteht mich nicht. Das Mikrofon ist also noch immer kaputt.
Fassungslosigkeit. Unverständnis. Allerdings nicht bei mir, sondern bei Frau T. Sie entschuldigt sich tausendmal. Das Übel ist schnell erkannt. Auf dem Auftrag steht, die Frontkamera sei defekt. Das war meine Ausgangs-Reklamation vom Mai, die ja damals mit dem - nun auszutauschenden Austauschhandy gelöst wurde. "Aber das Mikrofon ist doch kaputt, nicht die Frontkamera!"
Es hilft nichts. Nach 6 Wochen Odyssee halte ich zwar mein altes neues kaputtes Handy in der Hand, aber wir sind wieder an jener Ausgangsposition, wo wir vor 6 Wochen begonnen hatten...
Frau T. berät sich mit Herrn L. Immerhin erfahre ich, warum es vor 6 Wochen begonnen hat, schief zu gehen: Die Telekom hatte einen Systemausfall und konnte meinen Auftrag nicht eintippen. Dann hat der DHL Bote mein Handy mitgenommen. 4 Wochen dauerte es, bis es wieder in Traunstein war. Weitere 2 Wochen bis Apple den (falschen) Auftrag bearbeitet hat.
Hier steh ich nun, ich armer Tor und bin so klug als wie zuvor.
Es beginnt wieder von vorne: Neuer Auftrag. Mehrmals frage ich nach, ob es mit der Gewährleistung Probleme geben wird, weil inzwischen mehr als 2 Monate seit Erhalt des Handys vergangen sind. Keine Antwort.
Immerhin bekomme ich diesmal eine Kopie des Auftragszettels...
Odysseus meldet sich wieder in spätestens zwei Wochen!

Samstag, 2. September: Das Ende der Telekom-Odyssee

Nachdem ich in Gedanken schon weitere 6 Wochen mit der Telekom stritt, ob mir noch Gewährleistung zusteht oder nicht und eine Beschwerde bei der Telekom-Zentrale mit einem Handstrich weggewischt wurde, geschah heute völlig unerwartet das Wunder:
An der Tür klingelte der Postbote. Aha, hat die Frau wieder was bestellt? Aber nein! Es war das wohl bekannte Apple-Packerl. Die Freude zunächst noch gedämpft. Die Frage war nun: Das alte Gerät erneut zurück - oder ein Austauschgerät?
Große Erleichterung: Die Telekom und Apple haben es eingesehen, dass man mit dem alten Iphone nicht mehr telefonieren konnte: Endlich habe ich mein Austauschgerät bekommen!

Odysseus neues Iphone 6 64 GB kann man übrigens nun auf Ebay Kleinanzeigen kaufen: Klick hier

Ich möchte mich noch einmal bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei der Telekom und Apple bedanken, die bei meiner Odysse mitgemacht haben:
Frau 1, Telekom Traunstein
Der unbekannte DHL Bote
Herr S., Telekom Traunstein
Herr L., Telekom Traunstein,
Herr G., Telekom Traunstein
Frau T., Telekom Traunstein
Herr W. von der Handycheck Beschwerdestelle
Unser Postbote

Herzlichen Dank an Euch alle!

Sonntag, 6. August 2017

Warum Herr Hagebeck sterben muss - Alkoholismus im Roman

Der Roman von Meike K. Fehrmann


Bücher die Alkoholkonsum auf unterschiedliche Weise
aufarbeiten
Meike K. Fehrmann, meiner Autorenkollegin aus Traunstein ist es gelungen, gleich mit ihrem ersten Roman einen Nerv zu treffen: "Warum Herr Hagenbeck sterben muss" ist ein Jugendroman über das meist tabuisierte Thema Alkoholismus. 
Besonders das Traunsteiner Annette-Kolb-Gymnasium hat das Buch bereits in den Unterricht mit einbezogen. Bemerkenswert ist auch, dass das Thema gleich von der lokalen Kulturszene aufgenommen wurde: Das Junge Ensemble Chiemgau unter Leitung von Svetlana Teterja-Pater den "Hagenbeck" als Theaterstück inszenierte. Das Stück wird seither immer wieder aufgeführt. Zuletzt in der Theaterstrickerei in Grabenstätt. 

Warum muss Herr Hagenbeck sterben?

Lukas ist ein durchschnittlicher Teenager. Was sein Leben außergewöhnlich macht: Sein Vater ist Alkoholiker. Während Lukas und seine Schwester Anne zwar immer wieder unter den Eskapaden ihres trinkenden Vaters zu leiden haben, ist ihr Alltag beinahe der einer trauten Familie im Vergleich zu Lukas'  Freund Kevin. Herr Hagenbeck ist nämlich Stiefvater von Kevin, ebenfalls Alkoholiker und einer der übelsten Sorte: Er schlägt seine Frau und das Kind, wenn er betrunken ist. Zusammen mit dem reichen Söhnchen Alexander, der sich ebenfalls outet, Sohn eines Alkoholikers zu sein, gründen die Teenager einen Club mit einem Ziel: Den gefährlichen Herrn Hagenbeck zu töten.
Zugegeben, eine provozierende Handlung. Dennoch ist es ein - trotz vieler empörender Ereignisse - leicht beschriebenes, oft humorvolles Jugendbuch das dazu einlädt, kontrovers diskutiert zu werden. Also ideal, um im Unterricht von Schulklassen durchgenommen zu werden.

Warum man Herrn Hagenbeck lesen muss 

Das Thema Alkoholismus wird bei uns in Bayern ebenso tabuisiert, wie der Alkohol an sich ein fester Bestandteil unseres Alltags ist. Der Konsum von Bier und Wein ist sozial toleriert, sogar erwünscht. Ein Landrat beispielsweise, der zum Frühschoppen Apfelschorle trinkt, kann kein echter Bayer sein. 
Meike K. Fehrmanns Roman lenkt den Blick auf die nicht zu unterschätzende Zahl von Menschen, die im direkten Umfeld eines alkoholkranken Menschen den Alltag zu bestreiten haben. Es lädt den Leser dazu ein zu reflektieren, wie der eigene Bezug zum Alkohol ist und wann der Zeitpunkt überschritten ist, an dem es "lustig" ist, einen über den Durst zu trinken. 
Besonders als Autor eines Buches, in dem von jungen Erwachsenen jede Menge gesoffen wird, ließ mich ein unangenehmes Gefühl nach der Lektüre nicht mehr los. Wer die "Kleinstadtrebellen" gelesen hat weiß, dass Cuba Libre eine Hauptrolle spielt, dass Justin, Peter und die anderen im Rausch so manche Straftat begehen. Der Erzähler wie der Autor schildern diese Exzesse allerdings heiter und wohlwollend. Nach dem "Hagenbeck" frage ich mich: Ist mein Justin ein Alkoholiker? Hätte ich Greta, seine Freundin, noch mehr unter seinem vom Alkohol angestachelten Treiben leiden lassen sollen?
Der Herr Hagenbeck wirft Fragen auf, da es eine feine Linie ist, die aus jugendlichem Wochenend-Alkoholkonsum eine Krankheit macht. Die einen haben vielleicht Glück gehabt, dass sich Konsum nicht in Sucht verwandelte. Andere nicht.
Was allerdings mit jenen passiert, die dieses Glück nicht hatten, lässt sich also nachlesen in "Warum Herr Hagenbeck sterben muss". Und deshalb sollte man auch dieses Buch unbedingt gelesen haben.

Herrn Hagenbeck kann man hier bestellen: https://meike-k-fehrmann.com/meine-buecher/

Mittwoch, 2. August 2017

Wie Sie auf Ihrer Lesung ein garantiert volles Haus haben

10 Tipps für Autoren - Die Autorenlesung

Wie Sie auf Ihrer Lesung ein garantiert volles Haus haben

So mancher Autor startete mit einer gefeierten Lesung
seine grandiose Karriere
Viele Autoren kennen das: Das Buch ist geschrieben und gedruckt, wird aber von Amazon und selbst dem Buchladen um die Ecke sträflich ignoriert. 
Die Lösung? Eine Lesung!  
Da es kein größeres Marketingdesaster gibt als vor leeren Stuhlreihen zu lesen, hier 10 todsichere Tipps, wie Ihre Lesung zum umjubelten Kulturevent des Jahres wird und Sie und Ihr Buch mit einem Schlag berühmt macht:



Nichts ist schlimmer als leere Stühle
auf einer Lesung
  1. Mieten Sie sich im größten Saal Ihrer Stadt ein! Je größer, desto besser. Nichts ist demütigender als ein volles Haus - in einer Besenkammer.
  2. Machen Sie möglichst wenig Werbung! Ihre Leser wollen nicht bevormundet werden. Wer sich für Ihr Werk interessiert, der muss nicht extra von Zeitungsartikeln oder - noch schlimmer - Social Media Posts ständig auf Ihre Lesung hingewiesen werden.
  3. Sie wollen auf ein Plakat nicht verzichten? Ok, dann verraten Sie nicht zuviel! Es reicht völlig, den Ort, Uhrzeit und den Hinweis "Lesung" auf das Plakat zu drucken. Auch das Wort "Literatur" in großen Lettern zieht immer. Wenn Sie mit Details glänzen möchten, können Sie ja eine möglichst avantgardistisch-verspielte Clipart groß auf dem Plakat platzieren. Idealerweise eine Grafik, die rein gar nichts mit dem Thema Ihrer Lesung zu tun hat. Leser lieben Überraschungen!
  4. Verzichten Sie auf ein unterhaltsames Rahmenprogramm. Musikbegleitung oder ähnliches lenkt die Zuhörer nur von Ihrer Literatur ab. Wenn schon unbedingt Musikbegleitung, dann wählen Sie Musik, die im scharfen Kontrast zu Ihrem Buch stehen: Also Jazz bei Popliteratur. Einen Elektro-DJ zu einer Mundartlesung. Auch eine klassische Harfinistin soll so manche Lesung eines Jugendromans hübsch umrahmt haben.
  5. Sie möchten gemeinsam mit einem Autorenkollegen auftreten? Immer schlecht. Wer teilt schon gerne die Aufmerksamkeit der Zuhörer? Wenn, dann sollten es möglichst viele Autoren auf der Bühne sein. Je mehr Autoren aus möglichst unterschiedlichen Genres, desto mehr Zuhörer werden Sie zu Ihrer Lesung locken.
  6. Wer ist ein geeigneter Co-Autor? Lassen Sie niemals zu, dass ein gutaussehender Autor / Autorin neben Ihnen auf der Bühne Platz nimmt. Erfahrungsgemäß sind gutaussehende Menschen schlechte Autoren - und niemand will auf die Lesung von Autoren gehen, die zwar ein optischer Leckerbissen sind, aber miese Prosa liefern.
  7. Zusammenarbeit mit Schulen? Niemals! Es gibt kein schrecklicheres Publikum als Hunderte Schüler, die Ihrem Werk lustlos folgen, dazwischenquatschen und am Ende doofe Fragen stellen. Schulklassen auf Lesungen sind die Hölle!
  8. Humor hat auf Lesungen nichts verloren. Literatur ist eine ernsthafte Angelegenheit. Lassen Sie sich nicht dazu hinreißen, lustige Zoten zu reißen. Im Gegenteil! Referieren Sie ausführlich darüber, wie Ihr Werk entstanden ist!
  9. Werden Sie Mitglied in einer Autorenvereinigung! Dann brauchen Sie sich nie wieder um Ihre Besucherzahlen den Kopf zu zerbrechen. Denn allein die zahllosen Autorenkollegen/innen, die Sie bei Ihrer Lesung unterstützen wollen, werden für ein volles Haus sorgen! 
  10. Verlangen Sie den Eintritt, der Ihnen zusteht! Freier Eintritt sagt nichts anderes als: Der Abend ist nichts wert. Verlangen Sie mindestens 8 EUR. Zu wenig? Sollten Sie 15 EUR oder mehr verlangen wollen, gestalten Sie den Abend länger: Drei Stunden mindestens. Kündigen Sie dies auf dem Plakat an! Verglichen mit 4 Stunden Literaturlesung sind 20 Euro fast geschenkt!
Sie haben sich an alle Tipps gehalten? Herzlichen Glückwunsch! Sie werden im Nu zum beliebtesten Autor der Stadt und treten bald nur noch auf, wenn der Bürgermeister eine Laudatio hält. Oder der Landrat. Oder der Papst.

Dienstag, 1. August 2017

Wie Jan Wagner zur Lyrik verführt und ich was gelernt habe

Regentonnenvariationen

Jan Wagners Lyrik-Verführung


Jan Wagners Lyrik inmitten meiner Zierpflanzenzucht
Jan Wagner, einer der Autoren der Stunde, Abräumer der wichtigsten Literaturpreise, ist  ein wunderbar seltenes, vom Aussterben bedrohtes Pflänzlein: Er ist Lyriker!
Klar, als Student durchforstete man noch die Liebhaberbuchhandlungen auf der Suche nach Heinrich Heine und Josef von Eichendorff. Aber zeitgenössische Dichtung kam einem nicht ins Haus. Höchtens mal der Erich Fried wegen seinen Liebesgedichten. Also dem einen. Aber keine Bachmann und der dichtelnde Grass schon gleich gar nicht. Warum jetzt also Jan Wagner?
Schuld ist die Autorenkollegin Meike K. Fehrmann. Auf der Schreibwerkstatt der Chiemgau Autoren auf der Rabenmoosalm versuchte sie, uns laptoptippenden Stubensitzerautoren mit Literatur über und in der Natur zu begeistern. 
Doch davor muss ich noch ganz was anderes erzählen: Als begeisterter Leser von Thoreaus "Walden" und leidenschaftlicher Garten-Amateur - manche nennen es Bio-Legastheniker, ziehe ich Jahr für Jahr unkontrolliert aber effektiv die tollsten Pflanzen. Dieses Jahr gingen von den unzähligen Samenstücken folgende Pflanzen auf: Erbsen, Gurken, Radieschen, Tomaten. Und eine wunderschöne Zierpflanze, die ich erst für eine Kartoffel hielt, später für den Sonnenhut den ich bereits im letzten Jahr in ebenselben Topf angepflanzt habe. Die Zierpflanze wuchs wahrhaft prächtig und es ließen sich mühelos Ableger nehmen und bald war es mir gelungen, sie zwischen Rucola und Zucchini zu ziehen, wo sie mit ihrer Pracht das Hochbeet verzierte. 
Die Chiemgau-Autoren lauschen dem Giersch
Und wie heißt sie, diese Wunderpflanze?
Jan Wagner bzw. Meike K. Fehrmann hat mich den Namen dieser außergewöhnlich robusten Pflanze gelehrt: Siehe "Regentonnenvariationen, Gedicht I": Meike K. Fehrmann räusperte sich, während im Hintergrund die Kuhglocken läuteten und der warme Sommerwind durch die Fichten fuhr. "Nicht zu unterschätzen:", rezitierte sie mit kräftiger Stimme die Lyrik Jan Wagners, "der Giersch" 
Mit jeder neuen Strophe, gewitzt gereimt, wortstark erdichtet, zeichnete Jan Wagner mit Meike Fehrmanns Stimme das Portrait jener Pflanze die ich - gleich der Kleine Prinz seine Rose - seit Wochen pflegte und umhegte: Der Giersch! Der Tyrannentraum, das Tyrannenunkraut, Nemesis des Deutschen Kleingärtners. 
"Der Giersch" hatte nun gleich mehrere Konsequenzen: 
- Der Musengärtner in mir ehrte die Pflanze fortan noch mehr.
- Zurück im Tal rannte ich sofort in den nächsten Buchladen und holte mir Jan Wagners Regentonnenvariationen. Und...
- Meike K. Fehrmann gelang es zwar nicht, ihre Autorenkollegen/innen zur Naturlyrik zu verführen, aber Jan Wagner verführte sie zum Dichten über die Natur.
So entstand ihr Gedicht "Die Kohldistel", die sie erst neulich auf der Bühne vortrug. Hier das Video: https://meike-k-fehrmann.com/2017/07/28/von-der-schreibwerkstatt-auf-die-buehne-video/
,

So und ab jetzt wird wieder kräftig gedichtet! Wer macht mit?