Ein
Mann hat seinen ersten Roman veröffentlicht. Der Mann will berühmt werden. Er
will einen Verlag, er will Anerkennung. Der Mann heißt Bernhard Straßer und hat
keine Ahnung, wie der Literaturbetrieb funktioniert.
Ein
Bericht über einen Bescheuerten, ein komisches aber witziges Spiel mit der
Wirklichkeit. Sogar unglaublicher als die Wirklichkeit.
- Auszug Kapitel 1 -
Ursula
Krechel hat nie auf meine Email geantwortet. Sie hatte gerade den Deutschen
Buchpreis gewonnen und ich war wohl nicht der einzige, der ihr seine
herzlichsten Glückwünsche entbot.
Schade,
ich hatte ihr mitgeteilt, dass ich meinen Roman demnächst veröffentlichen
werde. Natürlich lag mir der Scherz auf der Zunge, wie super es doch sei, dass
sie als Titelverteidigerin dann nächstes Jahr die Laudatio auf mich halten
müsse. Nach langem für und wider abwägen, hab ich ihn hingeschrieben und zur
Sicherheit noch mehrere Smileys dahinter gemacht. Nicht, dass sie mich sonst
für einen totalen Trottel oder so hält. Erst als ich die Mail schon abgeschickt
hatte, ist mir dann eingefallen, dass Frau Krechel ja zur älteren Generation
gehört und wohl keinen blassen Schimmer hat, was ein Smiley ist und
stattdessen denkt, dass ich ein triftiges Problem mit Orthographie habe. Das
habe ich ihr noch in einer ergänzenden Mail geschrieben und ihr erklärt, dass der
Doppelpunkt und die schließende Klammer, wenn man sie 90 Grad mit dem
Uhrzeigersinn dreht, ein lächelndes Gesicht darstellen sollen. Die Mail habe
ich dann blöderweise, grins grins, mit ; ) beendet, sodass ich mich gezwungen
sah, ihr noch eine dritte Mail zukommen zu lassen. Seitdem warte ich auf
Antwort. Es kann doch keine zwei Jahre dauern, alle Gratulationsmails
abzuarbeiten, oder?
Kennengelernt
habe ich sie übrigens auf einem Schreibkurs in Schrobenhausen. Ich hab eine
Kurzgeschichte darüber geschrieben, wie ich mich eine Woche lang so besaufe,
dass ich meine eigene Freundin nicht mehr wiedererkenne und eine andere poppe.
Das hat ihr sehr gut gefallen. Der Krechel, meine ich.
Da
mir keiner schreibt, maile ich Norbert Niemann. Das ist neben der Krechel der einzige
Schriftsteller den ich kenne, der nicht dafür bezahlen muss, seine Bücher
gedruckt zu bekommen. Und er wohnt im Nachbardorf. Ich schreibe ihm ungefähr
einmal im Monat, wann wir denn ein Bier trinken gehen. Das hat er mir mal vor
Jahren, als ich bei ihm im Kurs war, hoch und heilig versprochen, nachdem ich
ihn ein paar Mal gefragt habe, ob das nicht super wäre. Allerdings ist er sehr
beschäftigt und es hat bisher nicht geklappt. Zuletzt war er in Russland und
hatte Stress mit seinem Verlag. Ich glaube, der kann mit dem Jo Lendle nicht.
Ich schon, wir sind auf Facebook befreundet und ich like fast alles, was er
postet. Echt ein witziger Kerl. Finde ich super, dass einer wie er mal die
greisen intellektuellen Brillenschlangen so richtig aufmischt.
Ich
habe Norbert Niemann angeboten, dass wir unsere Romane gegenseitig querlesen
und uns Tipps geben, aber er hat schon einen Austausch mit einem Arno Geiger.
Ich glaube aber, einen Schriftsteller mit einem so seltsamen Namen gibt es gar
nicht und den hat er nur erfunden, weil er mir durch die Blume sagen wollte,
dass er schon einen Lektor hat. Und selbst wenn, ich glaub nicht, dass dieser Arsch
Geiger, wenn es ihn denn gäbe, nur halb so cool schreibt wie ich und ich stelle
es mir unheimlich langweilig vor, die dröge Pampe Korrekturlesen zu müssen. Aber
das ist halt seine Sache. Der liest ja auch Grass und so und wenn er mich
fragen würde, der Norbert, dann würde ich ihm schon sagen, dass der Jo Lendle
Recht hat und statt sich vom Grass beeinflussen zu lassen, soll er doch mal an
die jungen und weiblichen Leser denken. Die wollen was lustiges, was
unterhaltsames lesen!
Überhaupt,
von diesen „Literaten“ ist kein einziger in Facebook. Nur der Glavinic. Der ist
zwar Österreicher und wird deshalb nie den Deutschen Buchpreis kriegen, aber
der schreibt wenigstens anständig. Dass der sein Tagebuch veröffentlicht und wie
schonungslos der mit sich selbst ins Gericht geht, das ist schon sensationell.
Mein Lieblingsbuch von ihm ist aber "Vor dem Fest". Das ist zwar
verspult, aber witzig geschrieben.
Ich
habe mal nach Schriftsteller gegoogelt, die noch nicht so bekannt sind, aber
bereits Preise bekommen haben und diese angeschrieben, ob sie sich mit einem
jungen Literaturtalent wie mir treffen wollen und Tipps geben möchten. Aber
weder Hertha Müller, noch der Bachmann oder der Herrndorf haben
geantwortet.
Dafür
bin ich in regem Kontakt mit dem Inneberger, der hat Literaturpreise in
Salzburg und München gewonnen. Außerdem ist das ist der einzige Autor in der
Gegend, der auch in den USA veröffentlicht wird.
Ich
warte seit Jahren auf seinen großen Roman, an dem er seit damals schreibt, als
wir uns kennengelernt haben. Das dauert wohl noch. Muss ja auch gut werden. Es
rotzt ja nicht jeder sein Zeug so raus wie ich mit meinen Kleinstadtrebellen.
Hatte
neulich eine Lesung auf einem Hippiefest. Lauter Kinder und drei Erwachsene.
Den Kindern hat's gefallen, obwohl ich das Kapitel mit dem stinkenden Sack
vorgelesen hab. Oder gerade deswegen. Die haben sich gekugelt. Die Erwachsenen
haben recht streng geschaut. So wie damals die Proseccoleute auf der Vernissage
vom Kunstverein Schrobenhausen. Vielleicht haben sie auch sehr konzentriert
zugehört. Oder ich hätt das Kapitel, wo Peter im Klo der Disco kotzt, nicht so
theatralisch vorlesen sollen. Da hab ich wohl zu dick aufgetragen. Eventuell
war auch das Mikro zu laut aufgedreht. Ich spucke ja des Öfteren, wenn ich zu
begeistert vortrage, und der Herr im Anzug saß schon sehr nah dran.
Aber
zurück zum Hippiefest. Verkauft habe ich zwar nichts, Gage gab‘s sowieso keine,
das Prinzip dieser Leute habe ich aber schnell begriffen und denen ein paar
Bücher geschenkt. Dafür habe ich mich irgendwie glücklich, wie von Ballast
befreit gefühlt, als ich wieder weg war und so ein Gefühl ist mit Geld nicht
aufzuwiegen.
Wie
bin ich jetzt eigentlich drauf gekommen? Ach so, wegen dem Buchpreis. Apropos
Buchpreis: Also mein Buchpreis ist 10 EUR.
Lol!
Diesen Scherz konnte ich mir beim besten Willen nicht verkneifen ; )
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