Die Leseweisung Traunstein
Die Auerhaus-Collage mit mir und Meike K. Fehrmann |
Um das Leseprojekt ein wenig spannender zu gestalten,
verteilten wir die Rollen der Auerhaus Helden auf die Teilnehmer: Frieder,
Höppner, Vera, Pauline, Harry, Cäcilia - jeder der Jugendlichen übernahm die
Patenschaft einer der Romanfiguren und achtete speziell darauf, was sich diese
für Konflikte mit dem Gesetz leistete.
Gemeinsam wurde darüber diskutiert, wie die Handlungen der Auerhaus-Helden bei den Lesenden rüber kamen und welche Konsequenzen daraus entstanden.
Heiss diskutiert wurde die Silvesterparty auf der Vera,
obwohl sie mit Höppner zusammen war, mit dessen Kumpel Harry schlief. Jeder der jungen Teilnehmer/innen war sich in diesem Fall in seiner Empörung einig.
Schwierig war es, bei den vielen Delikten, die im Auerhaus
begangen wurden, die Schwere der Vergehen und die Grenze zwischen
Lausbubenstreich und Verbrechen festzustellen. Wobei stets klar war, dass das
Handeln im Auerhaus Konsequenzen nach sich zog. Eine Erfahrung, die
logischerweise jeder der verurteilten Jugendlichen selbst bereits gemacht
hatte.
Überrascht waren wir vom hohen Leseniveau der Gruppe. Da gab
es den Teilnehmer der hervorragend vorlesen konnte und stolz erzählte, dass er als Schüler Vorlesewettbewerbe gewonnen hatte. Es gab den Teilnehmer, der
begeistert die Texte interpretierte und von sich erzählte, dass er am liebsten Camus und Sartre liest. Und alle gemeinsam brachten sich in
interessante Diskussionen ein.
Nach drei Wochen Lesezeit blieben 4 Teilnehmer übrig, die
nachweisen konnten, das Buch komplett gelesen zu haben. Einer der Teilnehmer wird das
Versäumte in einem Aufsatz nachholen. Ein einziger war aus dem Auerhaus getürmt. Er tauchte nach dem ersten Treffen nicht mehr auf. Vermutlich zieht er, ähnlich wie es Frau von Rönne prophezeit hat, Jugendarrest dem Lesen eines
Buches vor.
Die anderen gaben am Ende der Leseweisung an, dass sie eine
durchaus positive Erfahrung mit dem Lesen des Buches gemacht hätten. Nur eines
hat den einen und anderen bei der Lektüre völlig aus der Bahn geworfen:
Achtung, Spoileralarm!
Dass Frieder nach zweihundert Seiten toller Zeit im Auerhaus
trotzdem seinen Suizidversuch zu Ende bringt, war für die Lesenden ein
Schockerlebnis. Sie waren sich zwar im Klaren, dass es ein realistisches Ende
war. Trotzdem hatten sie sich gewünscht, dass zumindest Frieder am Leben
bleibt, wenn es schon für die meisten Bewohner des Auerhauses kein Happy End gab.
Schade, dass ihr das Projekt nicht am Montag vorgestellt habt. Zur Strafe lesen... finde ich witzig.
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