Donnerstag, 6. Oktober 2016

Verdammt, ist die Literaturszene alt!

Letztens "Immer Drama um Tamara" gesehen:
In dem Film wird eine Gruppe Autoren, die auf einem englischen Anwesen schreibt, ebenso herrlich persifliert wie deren Leser, die sie auf Lesungen begleiten. Was allen gemeinsam ist: Sie sind alt. Sie sind verspult. Sie haben keine Sozialkompetenz. Ich habe mich weggeschmissen vor Lachen.
Zum einen, weil ich die Schreibszene und deren Werkstätten ebenso kennengelernt habe. Und vor allem deren Teilnehmer. 
Müssen Autoren eigentlich alt und schrullig sein? Bin ich etwa auch so?
In den über zehn Jahren in denen ich als Autor auf der Suche nach Kollegen war, habe ich ganze vier kennengelernt die gut und gleichzeitig jünger waren als ich: Ronja von Rönne, Fabian Bader, Matthias Tonon und Ralf Enzensberger. Dem einen oder anderen aus der Liste kann man nicht einmal das Attribut "cool" absprechen. 
Der Optimist zuckt die Schultern und sagt: "Immerhin." Trotzdem denke ich mir, das kann doch nicht sein. No offence, lieber Arwed, lieber Norbert, liebe Ursula. Ich verehre Eure Schreibkunst sehr. Aber die "junge, wilde Literatur" habe ich auch in euren Kursen nicht gefunden.
Denn auch dort war der Großteil der "Nachwuchsschreiber" die ich kennenlernen durfte, 60+. Was macht denn die Jugend? Gründen die lieber Musikbands, werden Youtuber oder hängen die nur noch auf Poetry Slams ab? Gibt es denn keine jungen Literaten mehr? Und nein, Herr Glavinic, 45 ist nicht mehr jung. 
Gibt es denn noch Internetnetzwerke wie früher die "Höflichen Paparazzi?" Kann man sowas auch auf dem Land starten?
Also liebe Münchner und bayerische Provinzliteraten: Meldet Euch! Wo seid ihr? Ich glaube ganz fest an Eure Existenz! 
Und bevor ihr beide jetzt mahnend den Finger hebt: Ja, liebe Meike, lieber Michi. Ich habe euch nicht vergessen und ich bin ja froh, dass ich Euch hab : )

Sonntag, 2. Oktober 2016

Arwed und Kultur - Eine Literaturutopie

Am Abend in Empfing Fußball gespielt. Arwed, Fabian, Matthias und Ralf dabei. Tolles Kopfballtor, Blutgrätschen von Ralf. Fuchs steht aber schnell wieder auf. Kennengelernt haben wir uns alle über das Schreiben. Aber gemeinsam Fußball spielen: Auch schön! 
Anschließend, wie immer, in die Festung. Norbert und Ronja sind auch da. Norbert diskutiert jeden in der Festung an die Wand. Ronja grinst und raucht. Sie gehört zu denjenigen bei denen es mich am meisten wundert, dass sie immer wieder hier ist. Ich meine, Matthias ist Arzt in Ulm, Fabian studiert in Regensburg, Arwed lehrt in München, wie man einen Roman schreibt. Aber sie hat es doch eigentlich ganz schön in Berlin, möchte man meinen. Und Norbert ist hier sowieso zu Hause. Trinkt sein Bier, überrollt die Ahnungslosen mit seinen Literaturtheorien. Gemeinsam haben Matthias und Fabian übrigens, dass sie den Puls Schreibwettbewerb gewonnen haben. Norbert den Bachmann, Ronja hat immerhin mal mitgemacht. 
Gegenüber am Tisch sitzen die Truchtlachinger Musiker. Tobi von Mundwerk, Stefan Dettl und ein Typ der aussieht als habe er mal bei Franz Ferdinand gespielt. Man sieht ihnen an, dass sie über unsere seltsame Runde grinsen und nur Augen für Ronja haben. Sicher wollen sie, dass sie in ihrem nächsten Musikvideo mitspielt. Aber das macht sie nicht. Nein, sowas macht Ronja nicht. Dann kann sie ja gleich zum Fernsehen gehen. Fabian faselt was von Wittgenstein oder Kierkegaard oder so und Arwed und Norbert springen gleich drauf an. Ralf und Matthias zucken die Achseln. Beide schreiben seit Monaten nicht mehr, weil sie so viel um die Ohren haben. Unfassbar. Die einen schreiben, weil sie nicht anders können. Die anderen, die es wirklich können, schreiben nicht, weil sie keine Zeit mehr haben. 
Wir schmieden Pläne, eine bayerische Zentrale Intelligenz Agentur zu gründen, im Tüttensee baden zu gehen und den Leuten von den Chiemgau Autoren einen Streich zu spielen. Ralf möchte auch den Leuten vom Nuts einen Streich spielen, aber alle sind dagegen.
Nachts laufen wir angetrunken durch die Stadt und malen dem Papst einen Schnurrbart. Dann planen wir, das Viadukt zu sprengen, aber das hat Thomas Bernhard schon nicht geschafft. Wir laufen dennoch nach Ettendorf hoch und beschimpfen, auf der Bank unter den Sternen sitzend, den Abschaum, der unterhalb Ettendorfs wohnt. Es ist die schönste Nacht des Jahres und jeder schwört, er wird sie in sein aktuelles Romanprojekt einbauen. 
Über die Weinleite wieder zurück in die Stadt. Nur die Villa hat noch offen. An der Bar diskutiert Norbert lange mit Foti über Proust. Ronja tanzt ironisch, Fabian trinkt Gin. 
Arwed verwandelt sich irgendwann in ein Wildschwein oder einen Frosch und springt quakend durch den Park vor der Villa. Matthias ist mit einer Frau abgehauen, aber das ist inzwischen auch schon egal.
Die Entscheidung, nach Traunstein zu gehen, war die richtige. Weder in Berlin, noch in Wien hätte ich mich als Autor besser entfalten können. Ich habe alles richtig gemacht. Die letzten Jahre waren die schönsten. Ich wache auf.